Stadtkulturbund Tönisvorst zeigt Aufführung Die Komödie „Die Physiker“ regt zum Grübeln an

Tönisvorst · Im Forum Corneliusfeld gastierte das Ensemble des Tournee-Theaters Thespiskarren aus Hannover. Die Schauspieler bewegten sich klug zwischen Komik und Ernst.

In dieser Irrenanstalt ist nichts, wie es zu sein scheint. Inspektor Voß (li.) ermittelt, neben ihm der vermeintliche Physiker Newton.

Foto: Norbert Prümen

(b-r) Eine Komödie? Laut Friedrich Dürrenmatt, ja. Aber eine, in deren Verlauf das Publikum ins Grübeln kommt. Vor fast genau 62 Jahren wurde „Die Physiker“ in Zürich uraufgeführt. Am Freitagabend erlebten 500 Besucherinnen und Besucher im Tönisvorster Forum Corneliusfeld die Interpretation des Stücks durch das Ensemble des Tournee-Theaters Thespiskarren aus Hannover.

Die Schauspieler bewegten sich routiniert und klug auf dem Grat zwischen Komik und Ernsthaftigkeit. Vom ersten Moment an nahmen sie die Gäste in das offene Halbrund des Salons des Schweizer Sanatoriums Les Cerisiers mit, von dessen gepolsterten Wänden die Türen zu den Räumen der Patienten führen. Davon gibt es in diesem Trakt nur drei, alle sind Physiker oder solche, die sich als Physiker ausgeben.

Schließlich bringt Mathilde von Zahnd, die Besitzerin und Chefärztin des Sanatoriums, ihre Patienten sortenrein unter: Da kommen, so erklärt sie, Millionäre zu Millionären, Schauspieler zu Schauspielern und so fort. Der wahre Grund dafür allerdings ist ein anderer. Dass die Chefärztin die einzige wirklich Wahnsinnige ist, die manipuliert und intrigiert und sich die Erkenntnisse eines Physikers zu eigen machen möchte, um die Weltherrschaft zu erringen – diese Geschichte baut sich erst langsam auf.

Zunächst einmal geht es um Mord. Einstein hat seine Krankenschwester ermordet, genau wie Isaac Newton kurz zuvor. Inspektor Voß ermittelt. Fast schon folgerichtig geschieht ein dritter Mord, als Möbius Schwester Monika erdrosselt.

In dieser Irrenanstalt ist nichts, wie es zu sein scheint. Die vermeintlichen Physiker Einstein und Newton entpuppen sich als Agenten eines Geheimdienstes, die an die Unterlagen von Möbius kommen wollen.

Hellena Büttner als Oberärztin
ist die Skrupellosigkeit in Person

Möbius hat sich einliefern lassen, um die Welt vor den Folgen seiner bahnbrechenden und Vernichtung bringenden Erkenntnisse zu bewahren. Um seine Verrücktheit zu untermauern, simuliert er Visionen von König Salomon.

Gekonnt und überzeugend stellen André Vetters als Newton, Stephan Bürgi als Einstein und Peter Bause in der Rolle des Möbius die Mischung aus Wahn und Wirklichkeit dar. Hellena Büttner als Oberärztin ist die Skrupellosigkeit in Person.

Erschreckend aktuell sind die Themen um die Verantwortung von Wissenschaft und Politik für Mensch und Welt. Erschreckend die Darstellung der Welt als Irrenhaus, wenn auch zwar abgemildert, aber doch nicht weniger bedenklich wirkend durch Sätze wie: „Nur im Irrenhaus sind wir noch frei und dürfen frei denken. In der Freiheit sind unsere Gedanken Sprengstoff.“

Das Publikum folgte der zweistündigen Aufführung konzentriert. Sein intensiver Schlussapplaus drückte den Respekt vor der Leistung der Schauspielerinnen und Schauspieler aus.

(b-r)