Für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Willich sendet beeindruckendes Zeichen
Willich · Offiziell 2500 Menschen waren bei der Demonstration für Demokratie und gegen Rechtsextremismus in Willich dabei. Allerdings strömten immer weitere Menschen auf den Marktplatz. Viele Beobachter sprachen von 4000 bis 5000 Teilnehmern.
Glücklich lässt Ernst Kuhlen den Blick über den Marktplatz schweifen. „Mit so vielen Menschen hätte ich im Traum nicht gerechnet. Wir wären mit 1000 schon hochzufrieden gewesen. Das ist einfach nur beeindruckend“, sagt der Initiator und Anmelder der Willicher Demonstration für Demokratie und Grundgesetz. Friedlich und in bester Stimmung demonstrieren bis zu zehn Prozent der Willicher Bevölkerung für unseren Rechtsstaat.
Ein besonderes Zeichen sendet dann auch noch die Natur, denn während Bürgermeister Christian Pakusch, der Landtagsabgeordnete Guido Görtz (beide CDU), Vertreter von Kirchen und Zivilgesellschaft reden, bricht die Sonne durch die bis dato vorherrschende Bewölkung. Ergebnis ist ein beeindruckender Doppelregenbogen direkt vis a vis der Bühne. Viele Besucher drehen sich um, machen Fotos und erfreuen sich an dem Naturschauspiel, das sich perfekt mit den vielen Regenbögen ergänzt, die auf den Plakaten und Schildern prangen. „Willich ist bunt“, dieses Zeichen scheint auch die Stadt selbst, die Natur, senden zu wollen.
Und für die Besucher geht es vor allem darum, Zeichen zu senden. Denn akut ist das Problem rechtsextremer Politik in Willich aktuell nicht. Die AfD beispielsweise hat derzeit nicht einmal einen Ortsverband in der Stadt. Dennoch, Zeichen seien wichtig, sagen verschiedene Besucher und Redner. „Wir müssen einfach zeigen, dass wir mehr sind. Ich mache mir derzeit keine echten Sorgen um unsere Demokratie, denn ich halte sie für sehr stabil. Dennoch halte ich es für wichtig, dafür auch einmal aufzustehen und ein Zeichen zu setzen“, sagt Katrin Rademske aus Schiefbahn.
Für Kai Bijan Kroeber aus Willich ist es vor allem die Botschaft an die Teilnehmer selbst, die wichtig ist. „Wenn man in Europa herum schaut, dann ist auffällig, dass es überall rechte Tendenzen gibt. Von diesen Demos geht aber ein gutes Zeichen aus. Es zeigt, dass Menschen Farbe bekennen. Dass das deutschlandweit passiert, gibt mir ein gutes Gefühl“, sagt der Willicher, seinen kleinen Sohn auf den Schultern. Wichtig sei, dass die Botschaft ausgehe, auch wählen zu gehen und so Extremisten durch die Vielzahl der Stimmen für Parteien der Mitte zu schwächen.
Organisatoren dachten sich fürs Ende etwas Besonderes aus
Beeindruckend unter den unterschiedlichen Rednern zeigt sich vor allem die 17 Jahre alte Esri Gnanaranjan. Die Schülersprecherin der Robert-Schuman-Europaschule bekommt mehrfach Szenenapplaus und begeistert mit einer gleichermaßen eloquenten wie mitreißenden Ansprache. „Ich bin, wie man sehen kann, eine von 23,8 Millionen Deutschen mit Migrationshintergrund. Aber ich bin auch gebürtige Willicherin, hier aufgewachsen, und meine Familie lebt in dritter Generation in Willich“, sagt sie mit klarer Stimme. Sie sei dankbar, ihre Schule zu vertreten, die die Werte des Antirassismus wirklich lebe. In der vergangenen Zeit sei sie selbst Opfer von Rassismus geworden. Es müsse klar sein, dass Rassismus kein Spaß sei.
Fürs Ende der Veranstaltung hatten sich die Organisatoren etwas Besonderes ausgedacht. Dem Narrativ vieler Agitatoren aus rechtsextremen Kreisen, die Demonstrationen seien antideutsch, da keine deutschen Fahnen zu sehen seinen, setzen sie ein besonderes Zeichen entgegen. Sängerin Gwen Jolie stimmt die Nationalhymne an, und fast alle Besucher stimmen ein. Dazu hatte Moderator Rolf-Dieter Röhrscheid zuvor aufgerufen. Es ist ein Chor mit tausenden Stimmen, der die Hymne im Geiste des Grundgesetzes schmettert. Viele haben Tränen in den Augen.
So bleibt ein tolles, ein beeindruckendes Zeichen für Demokratie im besten Sinne, die ein positives Verhältnis zur eigenen Nationalität vertritt, ohne dabei andere Menschen, Meinungen oder Ethnien auszugrenzen. Willich ist eine der Städte in Deutschland, die als letzte in die Demonstrationsbewegung eingestiegen ist – mit einer Mobilisierungsquote von bis zu zehn Prozent der Bevölkerung fällt das Zeichen dafür umso deutlicher aus. Willich ist bunt, vielfältig und offen und will es, das ist klar zu spüren, auch in Zukunft bleiben.