Privater Bürgerverein Essensausgabe hat jetzt eine Heimat

St. Tönis. · Lange musste die Tönisvorster Hilfe umherziehen. Jetzt hat sie Lebensmittellager und Ausgabe unter einem Dach.

Die Vereinsmitglieder versorgen Bedürftige immer am zweiten Mittwoch des Monats in Containern an der Jahnsportanlage mit Lebensmitteln.

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Von einem „Wanderzirkus“, der teuer, zeitintensiv und kraftraubend sei, hatte Jürgen Beyer, Gründer und bis heute Vorsitzender der Tönisvorster Hilfe, in den vergangenen Jahren oft gesprochen. Doch das hat jetzt ein Ende: Die Tönisvorster Hilfe, ein privater Bürgerverein, der seit acht Jahren an jedem zweiten Mittwoch im Monat Lebensmittel an Bedürftige ausgibt, also an Menschen, die Hartz IV beziehen oder eine Grundsicherung bekommen, hat ein eigenes Zuhause.

An der Jahnsportanlage in St. Tönis stehen seit ein paar Wochen acht Container, die miteinander verbunden sind und dem Verein etwa 225 Quadratmeter Raum bieten. Bei einer kleinen Feierstunde, zu der die Sponsoren und Lieferanten – darunter einige St. Töniser Obst- und Gemüsebauern sowie Landwirte – eingeladen waren, stellten Jürgen Beyer und sein Stellvertreter Heinz Dahmen die Räume vor. „Wir sind stolz darauf, dass wir mit Hilfe vieler Handwerker, der Mitglieder des Spielvereins St. Tönis, der Lieferanten und Unterstützer wie der Sparkasse hier einziehen konnten“, sagte Jürgen Beyer.

Er erinnerte noch einmal daran, dass es der Spielverein war, der der Tönisvorster Hilfe vor einem Jahr zwei Container, die den Sportlern zuvor als Umkleidekabinen gedient hatten, geschenkt hat, und dazu einen Pachtvertrag für das Grundstück auf dem Vereinsgelände anbot. „Der Pachtvertrag läuft bis 2045, das ist also für uns eine ganz sichere Sache hier“, sagte der Vorsitzende erfreut. Vier weitere Container hat der Verein noch dazugestellt. „Zwei davon hatten wir bisher auf einem Firmengelände im Forstwald stehen, um darin Lebensmittel zu lagern“, berichtete Beyer.

Die Lebensmittel musste der Verein immer hin- und herfahren

Auch am Lenenweg und am Kirchplatz gab es Lagerräume, die eine Firma und die katholische Kirchengemeinde zur Verfügung gestellt hatten. Ausgegeben wurden die Lebensmittel aber im Marienheim an der Rue de Sées, sodass die Waren alle zwei Wochen hin- und hertransportiert werden mussten – ein nicht zu vernachlässigender Aufwand für den Verein.

Währenddessen stieg die Zahl der Besucher, die zur Lebensmittel­ausgabe kamen, sodass der Aufwand für das Team, das aus 40 Ehrenamtlern besteht, von denen die meisten älter als 70 Jahre sind, immer größer wurde.

Doch das ist jetzt Geschichte: Am neuen Standort können die Waren bis an die Tür der Containeranlage gefahren und dort in Regalen, Gefriertruhen und Kühlschränken aufbewahrt werden. Schon jetzt lagern dort etliche Nudelpackungen, Zucker, Mehl, Tee, Würstchen- und Marmeladengläser, Dosenmilch und Dosensuppen. Auch Kartoffeln, Zwiebeln und Äpfel finden sich in Kisten.

„Das sieht jetzt viel aus“, sagte Jürgen Beyer bei der Vorstellung der neuen Räume, „aber wir haben pro Ausgabe 80 bis 120 Besucher, die oft für fünf- und sechsköpfige Familien Lebensmittel mitnehmen.“

Deshalb habe die Tönisvorster Hilfe sich auch vorbehalten, die Containerräume zu erweitern, wenn „in der Welt wieder etwas passiert“, wie der Vorsitzende es ausdrückte. Damit spielte Beyer auf die Flüchtlinge an, die 2015 und 2016 besonders intensiv die Hilfe des Vereins in Anspruch genommen haben. „Aber wir haben auch viele Rentner, besonders Frauen, die mit dem Geld nicht auskommen und froh sind, hier Lebensmittel holen zu können“, sagte Beyer, der der Politik vorwirft, „die Hausaufgaben nicht gemacht“ zu haben. „Seit unserer Gründung haben wir 32 000 Lebensmittelportionen ausgegeben. Das ist eine traurige Bilanz, weil sie zeigt, wie viele Menschen in unserer Stadt auf Hilfe angewiesen sind.“