Vortrag über eine starke Frau

Mara Ring sprach im Kamps Pitter über Elisabeth Selbert, die am Grundgesetz mitgewirkt hat.

Foto: Lübke

Schiefbahn. Mara Ring konnte sich über mangelndes Interesse an ihrem Vortrag nun wirklich nicht beklagen - es mussten neue Stühle herbeigeschafft werden, bevor sie loslegen konnte. Am 8. März war zum 107. Mal Weltfrauentag. Im „Kamps Pitter“ erinnerte Ring aus diesem Anlass an eine Frau, die etwas ganz Großes geleistet hatte: Die Juristin mit SPD-Parteibuch Elisabeth Selbert kämpfte erfolgreich dafür, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Grundgesetz festgeschrieben wurde.

Mara Ring über die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg

Die 73-jährige Mara Ring machte deutlich, wie ungewöhnlich es damals für eine Frau war, Jura zu studieren: „Der Professor bat Elisabeth Selbert, nicht zu den Vorlesungen im Fach ,Sexualstrafrecht’ zu kommen, weil er darüber nur vor einem männlichen Auditorium sprechen wollte.“ Sie sollte ihm diesen Gefallen tun, ließ sich aber nicht immer so leicht abwimmeln.

Frauen, auch das wurde thematisiert, wurden vor dem Zweiten Weltkrieg mit Menstruation, Schwangerschaften und Klimakterium in Verbindung gebracht und waren als Arbeitskräfte in leitenden Positionen nicht geschätzt. Wenn, dann nur mit Glück. Mara Ring beklagte, dass nach dem Krieg Frauen, die als Berufstätige ihren Mann gestanden hatten, an den Herd zurückgedrängt wurden.

Und als 1948 der Parlamentarische Rat die Verfassung auszuarbeiten hatte, wirkten daran 61 Männer und vier Frauen mit. Eine von ihnen war Elisabeth Selbert. Und sie war von den vier Frauen die einzige, die sich vehement für die Gleichberechtigung einsetzte.

Selbst große Staatsmänner wie Theodor Heuss und Carlo Schmid waren weit davon entfernt, Frauen ernst zu nehmen. „Die Frauen waren zu erschöpft, um auf die Barrikaden zu gehen“, erklärte die Referentin. Wie durch ein Wunder kam der Gleichberechtigungspassus ins Grundgesetz.

Claudia Philipzen, Gleichstellungsbeauftragte, über die Situation im Jahr 2018

Elisabeth Selbert hatte blendende PR-Arbeit geleistet. Sie sollte rückblickend Folgendes sagen: „Das war die Sternstunde meines Lebens.“ Nachdem sie den Einzug in den Bundestag nicht geschafft hatte, arbeitete sie als Rechtsanwältin. Für Mara Ring steht fest: „Der Frauentag hat auch heute noch seine Berechtigung.“

Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Willich, Claudia Philipzen, wurde konkreter, nannte Zahlen wie diese: „Im Jahre 2015 bekamen Frauen im Schnitt 53 Prozent weniger Rente als Männer, sie tragen ein höheres Armutsrisiko.“ Auch körperliche und sexuelle Gewalt sei immer noch ein Thema. „Ich wünsche mir noch viel, viel mehr Gleichberechtigung“, sagte Philipzen.

Während zum Vortrag überwiegend ältere Frauen kamen, hofft Edith Max als stellvertretende Vorsitzende des Heimatvereins Willich auf viele junge Leute, die sich die aktuelle kleine Ausstellung anschauen, die bis Ende August geöffnet ist.

In dieser werden Frauen vorgestellt, die ebenfalls Großes geleistet haben.