Warnung vor Kanalhaien
Dichtheitsprüfung: Der St. Töniser Dietmar Lang sollte eine überteuerte Reparatur bezahlen. Laut Stadt kein Einzelfall.
St. Tönis. Das Angebot kam wie gerufen: Schon seit längerer Zeit hatte Dietmar Lang überlegt, für sein Haus an der Südstraße in St. Tönis eine Dichtheitsprüfung in Auftrag zu geben. Schließlich wusste er aus der WZ, dass Grundstückseigentümer bis Ende 2015 einen Nachweis über die Dichtheit bestehender Abwasserleitungen erbringen müssen — in der Wasserschutzzone, in der Lang wohnt, sogar schon bis 2013. Und dann klingelte es an der Haustür und ein Mann machte ein Angebot, dass man eigentlich nicht ausschlagen konnte.
„Das war ein echtes Schnäppchen. Nur 69 Euro sollte die Fahrt mit der Kanalkamera kosten“, berichtet der 56-Jährige. Eine Krefelder Firma, die er vor Weihnachten angefragt hatte, wollte das Doppelte haben. Also vergab der St. Töniser den Auftrag spontan an das Unternehmen aus Düsseldorf — was er bis heute bedauert.
Kurze Zeit nach dem Haustürgeschäft rückte ein weißes Firmenfahrzeug an. „Mir fiel sofort auf, dass darauf gar keine Werbung stand“, sagt Lang. Schon bei der ersten Kamerafahrt traten dann Probleme auf: „Die kamen gar nicht richtig rein in den Kanal.“ Die Verstopfung musste also erst mal beseitigt werden — was die Düsseldorfer zu einem Festpreis von 630 Euro plus Mehrwertsteuer übernehmen wollten. Dietmar Lang wollte die Sache schnell aus der Welt haben und war einverstanden.
Dann aber der zweite Schreck: Während der Beseitigung der Verstopfung wurde ihm mitgeteilt, dass sich ein Leck im Kanal befinde. 1500 Euro plus Mehrwertsteuer seien dafür fällig — womit das vermeintliche Schnäppchen mittlerweile bei einem Preis von mehr als 2000 Euro ankommen war.
Dann hatte der St. Töniser Glück: Kanalschäden werden in Teilen von seiner Gebäudeversicherung übernommen, die forderte dafür aber einen zweiten Kostenvoranschlag an. Den gab Dietmar Lang bei einer Krefelder Firma in Auftrag — und staunte: „Die sind um zwei Drittel günstiger als die Haustürfirma.“
Die hat den Auftrag zur Kanalreparatur jetzt nicht bekommen. Die Kosten, die bei ihr bis heute entstanden sind, wird der St. Töniser aber wohl zahlen müssen. Glück hatte er in anderer Hinsicht: Im Nachhinein stellte Dietmar Lang fest, dass die Düsseldorfer zwischenzeitlich gar nicht zu den Firmen gehören, die für solche Prüfungen zugelassen sind. Die Schnäppchen-Fahrt mit der Kanalkamera wäre also völlig nutzlos gewesen.
„Leider kein Einzelfall“, berichtet Stadt-Pressesprecherin Catharina Perchthaler. Immer wieder komme es durch die so genannten „Kanalhaie“ zu überteuerten, oft auch schlecht gemachten Reparaturen.
Um sich vor den Kanalhaien zu schützen, empfehlen die städtischen Abwasserbetriebe wie auch die Polizei, sich Angebote schriftlich aushändigen zu lassen und Vergleichsangebote einzuholen. Zudem solle vertraglich vereinbart werden, dass festgestellte Schäden schriftlich und möglichst mit Fotos dokumentiert werden müssen.
Bei Erteilung eines Auftrags zur Kanaluntersuchung sollen keinesfalls sofort pauschale Reparaturaufträge erteilt, sondern ebenfalls Vergleichsangebote geprüft werden. Zudem rät die Polizei von Haustürgeschäften ab: Seriöse Unternehmen sprechen die Kunden auf diesem Weg nicht an.