Warten auf Salat und Brot

Die Willicher Tafel versorgt rund 1000 Menschen mit frischen Lebensmitteln. Haltbare Lebensmittel gibt es nur einmal im Jahr, und zwar in den Weihnachtspaketen, die Willicher Bürger für die Bedürftigen spenden.

Willich. Dass sie am Rande stehen, würde man nicht erkennen, wenn man ihnen auf der Straße begegnet. Aber sie stehen an diesem Nachmittag vor der Jakob-Frantzen-Halle in einer Schlange aus 45 bis 50 Menschen. Sie warten, bis ihnen die Willicher Tafel aufmacht, damit sie sich mit frischen Lebensmitteln eindecken können. Damit geben sie sich als Hartz IV-Empfänger zu erkennen, als jemand, der nicht allein für seinen Lebensunterhalt sorgen kann.

Den meisten hier ging es am Anfang so wie der 41-Jährigen, die heute zum ersten Mal hier ist. Dass sie und ihre beiden Kinder (8 und 15 Jahre) „wenig haben“, erkannte Silke Hilbrich, Mitarbeiterin des Jugendzentrums Maxx, an den Kindern. „Ich habe ihr daher angeboten, sie das erste Mal zu begleiten, um die Hemmschwelle abzubauen.“ Weil die Alleinerziehende an Krebs erkrankte, hatte sie ihre Arbeit verloren.

Für den Mann hinter ihr in der Schlange ist es inzwischen selbstverständlich, hierher zu kommen. Er kann auf alle Fragen der 41-Jährigen antworten, macht einen kleinen Scherz. Langsam weicht ihre Nervosität ein Stück.

Die Frau, die zu den ersten Kunden gehört, die hier an diesem Donnerstagnachmittag bedient wird, ist alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern, fünf und elf Jahre alt. Sie hat mehr als eine Stunde angestanden, um die „Pool-Position“ bei der Lebensmittelverteilung zu erlangen. Was sie hier bekommt, soll ihr und ihren beiden Töchtern eine Woche lang reichen. „Wenn man später kommt, gibt es ja nicht mehr alles“, sagt sie.

Die Lebensmittelgeschäfte spenden Waren, wenn diese in Kürze ihre Haltbarkeit überschreiten würden. Da die Mitarbeiter der Tafel nicht wissen, wie viele Menschen kommen, versuchen sie so zu verteilen, dass am Ende des Nachmittags nichts übrig bleibt. Haltbare Lebensmittel gibt es nur einmal im Jahr, und zwar in den Weihnachtspaketen, die Willicher Bürger für die Bedürftigen spenden.

Jutta Hammerschmidt, eine Mitarbeiterin der Tafel, grüßt eine Kundin mit Namen und trägt den Besuch auf einer Karteikarte ein. Regelmäßig wird die Berechtigung überprüft. Nun lässt die Frau sich Salat und Ananas, Steckrüben und Paprika, Tomaten und Joghurt, Brot und Milch geben. „Spitzkohl“, fragt eine weitere Mitarbeiterin der Tafel. „Nein, danke“, lehnt sie ab, „ich weiß nicht, was ich damit kochen soll.“

Der Adventskalender ist zwar etwas zu spät, aber die Frau nimmt ihn strahlend. Sie hat versucht, eine Stelle zu finden und sich und ihren Töchtern selbst ihr Brot zu verdienen. „Als Bäckereifachverkäuferin hätten sie mich genommen“, erzählt sie. „Aber da hätte ich morgens um fünf anfangen müssen. Und ich habe niemanden, der die Kleine für den Kindergarten fertig macht und hinbringt.“

Mit dem Geld, das die Frau bei den frischen Lebensmitteln spart, kann sie die Mitgliedsbeiträge für Sportvereine bezahlen. „Die Kinder gehen zum Tanzen und zum Trampolinspringen. Das ist mir wichtig. Erstens tut es ihnen körperlich gut. Und außerdem sollen sie keine Außenseiter sein.“