Kommunalwahl Willich: Die Grünen schicken eine Kandidatin ins Rennen

Willich · Die 56-jährige Claudia Poetsch will Bürgermeisterin werden. In der Kommunalpolitik in Willich ist sie noch ein unbeschriebenes Blatt.

Noch posiert Bürgermeisterkandidatin Claudia Poetsch mit der grünen Wahl-Couch vor dem Neersener Schloss. Langfristig hat sie Interesse an einem Büro im Innern des Denkmals.

Foto: Eib Eibelshäuser

Corona. Corona? Corona! Das öffentliche Leben in Zeiten Virus, dessen V für Verzicht und Verunsicherung steht, steht irgendwie für eine neue Zeitrechnung. Bis vor wenigen Wochen prägte die Lokalpolitik die Schlagzeilen dieser Tageszeitung: vor allem die Teambildung für die  Kommunalwahl 2020 in Nordrhein-Westfalen. Wer tritt in Willich, in Tönisvorst, in Kempen, in Grefrath für welche Partei in welchem Wahlkreis an? Und wer stellt auch einen Bürgermeisterkandidaten?

In der Stadt Willich standen bisher drei Namen fest, die Josef Heyes im Herbst im Bürgermeisteramt beerben wollen: Aus seiner eigenen Partei, der CDU, steckten Parteichef Christian Pakusch und Fraktionschef Johannes Bäumges bis vor Kurzem im parteiinternen Wahlkampf. Ohne Corona hätte die Parteibasis die Entscheidung zwischen ihnen bereits getroffen. 

Der Vorstand der Willicher Sozialdemokraten hat bereits Ende Oktober 2019 seinen Kandidaten aufs Startfeld gestellt: Dietmar Winkels.

Mitten in der – teilweise auch selbst – verordneten politischen Wahlkampfpause meldet sich nun der Willicher Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen mit einer digitalen Präsentation der eigenen Wunsch-Bürgermeister-Kandidatin. Der Parteivorstand hat Claudia Poetsch einstimmig nominiert. Poetsch wolle sich für gute Lebensbedingungen einsetzen. „Und zwar sehr persönlich und regional für Willich“, so Eib Eibelshäuser, Pressesprecher der Grünen, in seinem Anschreiben.

Man habe an diesem seit langem feststehenden Präsentationstermin, 27. März, festhalten wollen, sagt Eibelshäuser. „Wir wollen damit zeigen, dass auch noch andere Dinge stattfinden.“ Eigentlich hatte man dazu an diesem Wochenmarkt-Tag eine Zweisitzer-Couch auf den Willicher Markt stellen wollen. Das ginge nun in dieser Zeit nicht. Aber die Vorstellung von Poetsch wurde nicht vertagt. Nach reiflicher Überlegung und mit dem augenblicklichen Selbstbewusstsein, so Eibelshäuser, orientiere man sich am vorher abgestimmten Dramaturgie-Kurs. Man gebe, sagt er, den Menschen damit die Möglichkeit, sich mit der Kandidatin zu beschäftigen und sich über das Programm Gedanken zu machen.

Wer also ist Claudia Poetsch? Was bewegt sie? Die Grünen haben alle Informationen zusammengestellt: Die 56-Jährige lebt seit 20 Jahren mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern in Anrath. Geboren in Hessen, zog sie mit fünf Jahren mit ihren Eltern an den Niederrhein. Poetsch ist Industriekauffrau, seit einem dualen Studium an der Fachhochschule des Bundes  Diplom-Verwaltungswirtin. Sie arbeitete bei der Bundesanstalt für Arbeit. 1991 wechselte sie zur Stadtverwaltung Kaarst. Seit 2018 ist Poetsch im Ministerium des Innern von Nordrhein-Westfalen für die Digitalisierung und Geschäftsprozess-Optimierung zur Einführung der digitalen Verwaltungsarbeit verantwortlich. Poetsch hat außerdem berufsbegleitend eine Zertifikatsausbildung zum Business-Coach abgeschlossen.

Und politisch? Auskunft der Grünen: „Claudia Poetsch ist seit vier Jahren bei den Willicher Grünen aktiv und gestaltet seitdem als Sachkundige Bürgerin und Vorstandsmitglied im Orts- und Kreisverband die kommunalpolitische Arbeit in Willich maßgeblich mit.“

Nicht Macht, sondern der Wunsch gemeinsam gestalten zu wollen, stünden für sie im Vordergrund,  schreibt Poetsch. Zu den zehn Punkten, die sie in ihrem Wahlprogramm auflistet, zähle die Förderung des lokalen Handels, des Gewerbes und der Landwirtschaft sowie die Aufgabe, die Ziele der global nachhaltigen Kommune „konsequent umzusetzen“. Die ärztliche Versorgung will sie lokal absichern, neue Gewerbegebiete nur mit ÖPNV-Anbindung, also Öffentlichen Personennahverkehr, entwickeln, den Flächenverbrauch eindämmen, das Wohnen und den Arbeitsmarkt generationengerecht gestalten.

Ratsmitglied ist Poetsch bisher nicht. Man mag ihr entgegenhalten, „deshalb  politisch unerfahren zu sein“, schreibt sie, „ich sehe darin vielmehr einen großen Vorteil: Ich kann vor diesem Hintergrund das Amt unanhängig führen. Ich bin niemandem und keiner Institution zu irgendetwas verpflichtet.“ Die politische Gremienarbeit kenne sich als sachkundige Bürgerin und Obfrau im Sport- und Kulturausschuss.

Die Partei hat, weil zurzeit keine persönliche öffentliche Vorstellung möglich ist, ein Foto von Claudia Poetsch mit dem Sofa vor dem Neersener Schloss beigefügt. Darauf zwei Kissen mit einem großen C und der angedeuteten Blüte einer Sonnenblume. Auch ein Teil der digitalen Vorstellungs-Dramaturgie, an der man festgehalten hat.