Willich: Psycho-Stress nach der Love-Parade
Vize-Bürgermeister Görtz bedankt sich bei den DRK-Helfern.
Willich. "Ich schlafe erst seit drei Nächten wieder durch", sagt Hartmut Fassbender (43) aus Willich. Er gehörte zu den 25 Helfern des Roten Kreuzes (Kreisverband), die bei der Duisburger Loveparade im Einsatz waren.
So könne er sich den Krieg vorstellen: "Stundenlang gingen die Sirenen beziehungsweise die Martinshörner von Polizei- und Rettungswagen, das bekommt du nicht mehr aus dem Kopf."
Einige der zum Einsatz gekommenen Rettungshelfer, Sanitäter und Fernmeldetechniker lud jetzt Willichs Vize-Bürgermeister Guido Görtz ins Neersener Schloss ein. "Neben der Suche nach den Schuldigen kommen diejenigen zu kurz, die in Duisburg tatsächlich geholfen haben." Mit diesen Worten dankte Görtz. Und weiter: "Ihr Engagement ist für uns unbezahlbar."
"Mit etwas Gänsehaut fuhren wir los", so erinnerte sich Karina Better aus Anrath. Die 26-jährige ausgebildete Rettungssanitäterin saß mit dem Anrather Christoph Seffern (21) in einem der Rettungswagen. Gegen 17.30 Uhr setzten sich die zehn Fahrzeuge von Viersen aus zunächst zur Duisburger Uni in Bewegung.
Zu diesem Zeitpunkt waren bereits erste Tote gemeldet worden, und schon längst war die Situation im Tunnelbereich außer Kontrolle geraten.
"Unsere Aufgabe bestand darin, im direkten Loveparade-Gelände Verletzte mit Schnittwunden und Brüchen oder Personen aufzunehmen, die übermäßig Alkohol getrunken hatten", schildert Karina Better.
Dabei habe sie einige Besucher getroffen, die über das Ausmaß der Geschehnisse überhaupt nicht unterrichtet waren. "Stimmt es wirklich, dass es Tote gegeben haben soll?", war eine der häufigsten Fragen.
Geleitet wurde der Einsatz der Viersener vom DRK-Bereitschaftsführer Sven Möllenbrink (33) und von Hartmut Fassbender. Mit dabei waren unter anderem die Fernmelder Benjamin Römer (24) und Daniel Kuhnen (25), hauptberuflich Flughafen-Mitarbeiter beziehungsweise Student der Informatik. Die beiden Anrather waren stets mit der Basis vor Ort und der Leitstelle in Verbindung.
"Die Reaktionen bei unseren Einsätzen waren total unterschiedlich, einige haben sich spontan bedankt, andere haben uns den Stinkefinger gezeigt", erzählt Christoph Seffern. Die Atmosphäre dort sei sehr angespannt gewesen.
"Haben Sie von den Behörden ein Dankeschön bekommen?" Auf diese Frage von Guido Görtz teilte Sven Möllenbrink mit, dass der DRK-Kreisverband gerade eine kurz gefasste Dankes-Mail vom leitenden Duisburger Branddirektor erhalten habe.
Eine psychologische Nachsorge hätten die DRK-Mitarbeiter bisher nicht gebraucht. Dennoch werden sie noch einige Zeit brauchen, bis der Alltag ihre Erlebnisse überdeckt hat.