Zeugnisse der Zeitgeschichte Der neue Heimatbrief für St. Tönis ist fertig
St. Tönis · Geschichten von Kommunionkleidchen, von den Steyler Missionsschwestern, von Zeitkapseln und warum Oma jeden Tag den langen Weg in die Kirche zurücklegte: Bürgermeister Leuchtenberg erhielt das erste Exemplar des Heimatbriefes.
Das Redaktionsteam des St. Töniser Heimatbriefs hat sich selbst von Corona nicht aufhalten lassen: Der 187. St. Töniser Heimatbrief ist veröffentlicht worden. Das erste Exemplar bekam wie üblich in den Räumen des Heimatvereins an der Antoniusstraße Bürgermeister Uwe Leuchtenberg (SPD). Das 46 Seiten starke Exemplar enthält wieder sehr viel Wissenswertes über St. Tönis.
Es fällt dem Redaktionsteam zunehmend schwer, Menschen zu finden, die Interessantes über St. Tönis wissen und bereit sind, die Geschichten aufzuschreiben. Wer in dem aktuellen Heimatbrief blättert, bemerkt das aber nicht. Da sind etliche Zeitzeugen, die von früher schreiben.
Eine Zeitzeugin ist Elsbeth Kriegel. Die 84-jährige St. Töniserin hat immer in ihrem Heimatort gelebt, als junge Frau war sie ein Jahr in Paris. Darüber schreibt sie aber nicht. Ihr Thema sind die Fronleichnamsfeiern, wie sie sie aus ihrer Kindheit kennt. „Bei uns Kindern war Fronleichnam ein ganz besonderes Ereignis“, ist da zu lesen.
Noch vor der Erstkommunion durften sich die Mädchen „im feinen, rosa Kleidchen und mit rosa Kränzchen in die Prozession einreihen“. Das Kleidchen wurde nicht gekauft, eine Näherin, Fräulein Gruintges, kam zur Anprobe nach Hause und nähte es dann in ihrem Atelier auf der Marktstraße/Ecke Kaiserstraße. Nach der Erstkommunion waren die Kleider der Mädchen dann weiß.
Der Text wird angereichert durch zeitgenössische Fotos. Die hat Gerda-Marie Nötges zur Verfügung gestellt. Ihr Vater nahm sie nicht nur auf, sondern entwickelte auch selbst. Beim Anblick des Fotos mit Fräulein Geraedts und Schülern der damaligen Knabenschule wurden bei Bürgermeister Leuchtenberg alte Erinnerungen geweckt. Er erinnerte sich an Bestrafungen, wie sie heute undenkbar wären. Das wäre vielleicht auch mal ein Thema für einen Textbeitrag, meinte er.
Walter Schöler ist mit einem lesenswerten Text über die Märtyrerin Elisabeth Schofs vertreten. Aus der St. Töniserin wurde später die Ordensschwester Placida. Elisabeth Schofs wurde am 1. Juli 1884 auf der heutigen Gelderner Straße 56 als vierte Tochter des Tagelöhners Johann Schofs geboren. Die kleine Elisabeth wurde schon früh Vollwaise. Die Clemensschwestern nahmen sich der Schofs-Kinder an. Elisabeth schloss sich als junge Frau den Steyler Missionsschwestern an. Auf den Philippinen wurden alle 15 Missionsschwestern durch einen Volltreffer des amerikanischen Militärs, das es auf japanische Soldaten abgesehen hatte, getötet.
Guido Beckers schreibt über die Zeitkapseln. Dieses Projekt wurde durch den 40-jährigen Sven Pricken angestoßen. Im kommenden Jahr sollen Briefe in Stahlbehältern vergraben und erst Jahrzehnte später geöffnet und gelesen werden. Interessant ist auch, was Josef Levels über seine Jugend auf dem kleinen Bauernhof seiner Großeltern schreibt. Obwohl der Hof im Außenbereich lag, ging seine Oma jeden Tag zu Fuß in die Kirche. Levels beschreibt einen Alltag, der von Arbeit geprägt war. Er erinnert sich an die Schwengelpumpe für die gesamte Wasserversorgung auf dem Hof.
Guido Beckers gibt in einem größeren Text einen Einblick, wie solch ein Heimatbrief entsteht. Eine junge Autorin, Kristina Tyralla, beleuchtet mit ihrem Beitrag die 90-jährige Historie der Pfadfinderei in St. Tönis – eine Zeit mit Höhen und Tiefen. Zudem enthält das Heft aktuelle Informationen, etwa Nachrufe Verstorbener und Paare, die ein hohes Ehejubiläum feiern können.
Außerdem enthält das Heft die Tagesordnung zur nächsten Mitgliederversammlung des Heimatbundes St. Tönis – sie findet am Freitag, 24. Juni, um 19.30 Uhr im Jugend-Freizeitzentrum an der Gelderner Straße 61 statt.