Neue Zahlen vom Innenministerium Kriminalität in NRW sinkt auf 30-Jahres-Tief

Düsseldorf · Insgesamt hat die Polizei in Nordrhein-Westfalen so wenig Kriminalität wie seit 30 Jahren nicht registriert. Aber ausgerechnet bei Mord, Totschlag und Vergewaltigung steigen die Zahlen deutlich.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU)beantwortet während der Pressekonferenz Fragen der Journalisten.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Während die registrierte Kriminalität auf ein 30-Jahres-Tief gesunken ist, haben Mord, Totschlag und Vergewaltigung in Nordrhein-Westfalen zugenommen. Die Gesamtzahl der erfassten Straftaten ging im vergangenen Jahr erneut zurück - um 4,3 Prozent auf 1,23 Millionen, wie NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Montag berichtete. „NRW ist ein Stück sicherer geworden - und zwar messbar“, sagte Reul. Die Aufklärungsquote sei mit 53,3 Prozent etwas niedriger als im vergangenen Jahr, aber die zweitbeste jemals gemessene.

Überschattet wurde der allgemeine Rückgang aber von einem Anstieg bei den schwersten Straftaten: Die Zahl der Tötungsdelikte stieg, einschließlich der Versuche um 7,9 Prozent auf 412 Taten. So legten die Morde und Mordversuche von 140 im Jahr 2018 sogar um 9,3 Prozent auf 153 im vergangenen Jahr zu. Dies könnte auf einen Anstieg der Beziehungstaten zurückzuführen sein. Die Zahl der Vergewaltigungen und schweren sexuellen Nötigungen stieg um 6,7 Prozent auf 2281 Taten.

Die erfassten Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch stiegen um 15,8 Prozent. Der Anstieg sei in diesem Bereich aber den verstärkten Bemühungen um Aufklärung geschuldet: „Wir ermitteln mehr, also finden wir mehr“, sagte Reul. „Es ist höchste Zeit, diesen düsteren Teil unserer gesellschaftlichen Realität bis in den letzten Winkel auszuleuchten.“ Die Aufklärungsquote lag in diesem Bereich bei 83,7 Prozent. Bei der Kinderpornografie lag der Anstieg binnen eines Jahres sogar bei 67,1 Prozent auf fast 2200 Fälle. Die Aufklärungsquote betrug 93,2 Prozent.

Die Zahl der Wohnungseinbrüche sank dagegen weiter auf 26 900 Fälle, ein Rückgang um 10,2 Prozent im vergangenen Jahr. Dies sei ein enormer Erfolg. Sie hat sich seit 2015 mehr als halbiert. Die Grundlagen dafür seien allerdings zum Teil schon vor seiner Amtszeit gelegt worden. „Ich ernte ein Stück von dem, was andere mitgesät haben.“

Auch die Taschendiebstähle, die Straßen- und die Gewaltkriminalität waren rückläufig. Einen leichten Anstieg (plus 1,6 Prozent) gab es dagegen bei der Rauschgiftkriminalität: Mit 68 900 Delikten sei hier der höchste Stand seit 20 Jahren erreicht worden. Die Zahl der Rauschgifttoten stieg sprunghaft um 52 Todesopfer oder 22 Prozent auf 292.

Rund ein Drittel aller Tatverdächtigen seien Ausländer, sagte Reul. Ihr Anteil an der Bevölkerung NRWs liege dagegen bei 13,3 Prozent. Allerdings würden bei den Straftaten auch reisende ausländische Täter erfasst, die nicht in Deutschland leben. Der Anteil der Zuwanderer (Asylbewerber, Kontingentflüchtlinge, Geduldete) liege bei 2,5 Prozent - ihr Anteil an der Gewaltkriminalität sei allerdings mit 12,7 Prozent fünf Mal so hoch.

„Wer diese Daten heranzieht, um gegen Ausländer zu hetzen, wer sie nutzt, um Hass und Vorurteile zu bestärken, sollte sich schämen“, sagte Reul. Kriminalwissenschaftler warnen davor, Bevölkerungs- und Kriminalstatistik zu vergleichen.

Erstmals erfasst wurden 2019 die Straftaten mit Messern: 5780 Fälle wurden gezählt, bei denen ein Messer eingesetzt wurde. 61 Prozent der Opfer blieben unverletzt, 42 Menschen starben durch Messerstiche.

Bereits 2018 war die Kriminalität in Nordrhein-Westfalen auf den niedrigsten Stand seit fast 30 Jahren gesunken. Mit 1,28 Millionen waren 2018 mehr als 6 Prozent Straftaten weniger registriert worden als im Vorjahr. Die Zahl der Morde und Mordversuche auch schon damals entgegen dem Trend nach oben geschnellt: um 24 Prozent auf 140 Fälle. Die Gewerkschaft der Polizei warnte davor, Polizeipersonal kurzfristig zwischen Deliktfeldern hin- und herzuschieben.

(dpa)