Premiere von „Meister Pedros Puppenspiel“ Wirklichkeit und Fiktion verwirren

Düsseldorf · Der Einakter „Meister Pedros Puppenspiel“ in der Rheinoper entzückt und irritiert.

Frank Schnitzler als Sancho Panza (l.) und Richard Šveda als Don Quijote bei der Inszenierung. In Düsseldorf gibt es drei Aufführungen.

Foto: Jochen Quast

(ark) Pandemische Zeiten haben auch ihr Gutes: Nie sind etwa im auf abendfüllende Unterhaltung ausgerichteten Opernbetrieb so viele Petitessen entdeckt worden wie 2020. Wenn die Deutsche Oper am Rhein jetzt Manuel de Fallas Einakter „Meister Pedros Puppenspiel“ aus der Versenkung holt, setzt sie noch eins drauf. Das Stück ist keine 45 Minuten lang, von Oper kann auch nicht recht die Rede sein. Dennoch ist man fasziniert und irritiert von dem Stück, in dem Don Quijote und Sancho Pansa einer Puppentheater-Vorstellung zuschauen und diese völlig durcheinanderbringen.

Marionetten und Bühne überleben Ritterangriff nicht

Fiktion und Wirklichkeit verwirren sich aufs Tragikomischste in diesem Theater im Theater, das de Falla 1923 einer steinreichen amerikanischen Nähmaschinenfabrikantentochter schrieb. Sie hatte sich etwas mit Marionetten bestellt, zur Premiere saßen unter anderen Picasso, Paul Valéry und Strawinsky im Publikum. De Falla hatte bei Cervantes diese Episode gefunden, bei der es auf der Puppenbühne um eine entführte und befreite Prinzessin geht, von deren Drama der selbsternannte Ritter derart fasziniert ist, dass er mit Speer und Schwert in die Handlung eingreift. Was am Ende Marionetten und Bühne nicht überleben.

In der Rheinoper inszeniert Ilaria Lanzino ein Panoptikum mit dem Düsseldorfer Marionettentheater und dem Live-Video-Regisseur Torge Müller. Zum von Strawinsky entliehenen Vorspiel („Danses concertantes“) tritt zunächst Don Quijote – im eigenen Roman lesend – vor den Vorhang, dann fährt eine Leinwand aus dem Schnürboden, mit der der Ritter Windmühlen-Zerdeppern spielt. Ein Theaterkarren fährt auf, Puppenspieler stellen ihre Protagonisten vor, schnell wird ein Green-Screen aufgebaut, Kameras fürs Live-Video. Und ein Publikum setzt sich auf ein paar Bänke.

Zu de Fallas Musik entspinnt sich die Puppenhandlung, bei der eine schöne Prinzessin, ein schöner, zunächst gelangweilter Liebhaber, Karl der Große und ein böser König in Saragossa auftreten. Die Puppenspieler Anton Bachleitner und Anna Zamolska bewegen ihre zauberhaften Marionetten durch zauberhafte Dekoration. Meister Pedro, der Theaterchef, und sein Junge führen das Publikum in Moritaten-Art in die einzelnen Szenen, die dann nur von Musik untermalt sind. Sergej Khomov und David Fischer deklamieren zunächst unbegleitet ihren Sprechgesang, später verschlingen sich die musikalischen Ebenen wie das Spiel, in dem Richard Sveda als Quijote endlich eine zu Herzen gehende Arie auf seine Dulcinea singen darf, bevor er alles zu Klump haut. Im Orchestergraben entlockt der Erste Kapellmeister des Hauses, Ralf Lange, den Düsseldorfer Symphonikern so fragile wie diffizile Klänge aus dem Experimentierkasten der frühen 20er-Jahre. Die Sänger-Solisten bewähren sich auf ungewohntem Terrain. Am Schluss bringen sich alle vor der Fantasie des tragischen Ritters in Sicherheit. Großer Beifall auch von den kleinen Zuschauern.

Info Termine in Düsseldorf: 3. und 27. Oktober, 19. November. Duisburg: 17. und 23. Oktober, 3., 12., 23. und 24. November, ab sechs Jahren.