90-Jähriger tappt in Abo-Falle im Internet
Ein vermeintliches Inkasso-Unternehmen bedroht Franz Stakemeier. Es will 750 Euro haben und falls nötig, in sein Haus eindringen.
Im Fall von Franz Stakemeier ist die Betrugsmasche besonders dreist: Ein vermeintliches Inkasso-Unternehmen will dem 90-Jährigen nicht nur eine Rechnung von 750 Euro anhängen, sondern droht im Fall der Nichtzahlung auch damit, gewaltsam in sein Haus einzudringen und Gegenstände zu pfänden. Der gelernte Ingenieur ist in eine Abo-Falle im Internet getappt. Jetzt ärgert er sich nicht nur, betrogen worden zu sein, sondern ängstigt sich auch, das vermeintliche Unternehmen könne seine Drohungen wahr machen und bei ihm vor der Tür stehen.
Eine Firma werde ihn am Freitag besuchen, um seine Wertgegenstände zu pfänden, heißt es in einer E-Mail von „Digital Works“, mit angeblichem Firmensitz in Hamburg. Der Name ist Verbraucherschützern und Juristen bekannt. Doch wer genau dahinter steckt, weiß niemand. „Letztes Jahr hatten sie noch eine Adresse in Frankfurt“, sagt Sebastian Dreyer, Leiter der Verbraucherzentrale Mönchengladbach. Franz Stakemeier hat sich einen Anwalt genommen und Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Der richtige Schritt, meint Dreyer. „Das Sinnvollste ist, sich professionellen Rat zu suchen.“
Der Betrug begann im Frühjahr. Franz und Gerda Stakemeier hatten eine Reise in die Niederlande geplant. Im Radio habe der Senior von einer Autobahnsperrung erfahren, erzählt Franz Stakemeier. Also habe er sich an den Computer gesetzt, um eine alternative Route zu suchen. Dabei ist er auf die Seite „maps-24-routenplaner“ gestoßen, auf der er sich augenscheinlich die gewünschte Route berechnen lassen konnte.
Der Anbieter habe dafür die E-Mail-Adresse abgefragt, die Franz Stakemeier bereitwillig angab, um den Service zu erhalten. Über vermeintlich anfallende Kosten sei nicht informiert worden. Wenig später erhielt der Gladbacher eine E-Mail mit einer Forderung über 500 Euro. Angeblich soll der 90-Jährige ein Abo für eine Laufzeit von 24 Monaten abgeschlossen haben, hieß es in der Nachricht. Stakemeier widersprach umgehend, eine Antwort darauf erhielt er nicht.
Stattdessen standen weitere Mahnungen und Drohschreiben ins Haus. Die angeblich offene Rechnung belaufe sich inzwischen auf 750 Euro. Besonders gewieft: Die Forderung solle das Ehepaar nicht per Überweisung, sondern per Amazon-Gutschein begleichen. „Damit wird der Transfer komplett anonym“, sagt der Anwalt für IT-Recht Stefan Wimmers, der den Fall übernommen hat. In einer weiteren E-Mail heißt es wörtlich: „Leider haben Sie die offene Rechnung (...) noch immer nicht beglichen. Wir haben nun einen Vollstreckungstitel bei Gericht gegen Sie erwirkt. Soweit es möglich ist, werden die Gegenstände mit dem Kleintransporter abtransportiert, für größere Gegenstände wird eine Spedition beauftragt.“ Und weiter: „Sollten Sie nicht zu Hause sein oder die Tür selbst öffnen, wird ein Schlüsseldienst hinzugezogen, der die Tür öffnen wird.“
Im Internet sei Franz Stakemeier oft unterwegs, der Ingenieur im Ruhestand will darauf nicht verzichten. Dass er jetzt in eine Abo-Falle getappt ist, ärgert den 90-Jährigen und seine Frau nachhaltig. „Ich schlafe seit Wochen nicht gut“, sagt Stakemeier. „Mein Mann ist mit den Nerven fertig. Diese Erpresser machen älteren Menschen viel Angst. Viele zahlen dann auch“, sagt Gerda Stakemeier. Zahlen sollte man aber auf gar keinen Fall, raten Verbraucherschützer und Juristen. Für einen gültigen Vertrag fehle die Rechtsgrundlage. Sorgen brauche sich der gelernte Ingenieur nicht zu machen. „Schlimmstenfalls bekommt er noch mehr E-Mails“, sagt Anwalt Wimmers.