90 Tonnen Papier ziehen ins Vituscenter
Mindestens 15 Tage dauert der Umzug des Stadtarchivs. Eine Mammutaufgabe für die Mitarbeiter.
Es sieht ein wenig chaotisch aus, wenn man derzeit die Räume des für das Publikum geschlossenen Stadtarchivs betritt. Eine Kiste mit Küchenbesteck steht auf einem Tisch, daneben liegen verpackte Luftschlangen, Strohhalme, und in einem Karton lagern Gläser und andere lose Dinge. In einer anderen Ecke stapelt sich Büromaterial. An einigen Tischen stehen keine Stühle mehr. Das Büro von Stadtarchivar Helge Kleifeld sieht recht spartanisch aus. Die Beine seines Bürostuhls sind schon mit Plastik umwickelt, die Bilder sind von den Wänden abgehangen und so richtig aufgeräumt ist es auch hier nicht. Es würde sich auch gar nicht lohnen, dass sich der neue Mann in diesem Amt wohnlich einrichtet. Denn das Stadtarchiv verlässt nach 35 Jahren das Verwaltungsgebäude Oberstadt an der Aachener Straße und beginnt in der kommenden Woche mit dem Umzug in das Vituscenter.
„Am ersten Tag ziehen die Möbel der acht Arbeitsplätze und des Lesesaals um“, sagt Helge Kleifeld. Seine Mitarbeiter bereiten gerade alles vor und packen Umzugskartons. Vor allem Büromaterial, aber auch kleinere Einrichtungsgegenstände werden darin verpackt. Herzstück des großen Umzugs ist aber das Archivgut. „Wir haben eine Liste entwickelt, die vorgibt, was in welcher Reihenfolge umzieht“, erklärt Kleifeld. Als erstes sind die Standesamtsregister dran. „Einige Unterlagen werden ständig gebraucht. Was viel benutzt wird, das zieht zuerst um“, sagt Ilona Gerhards, Mitarbeiterin im Stadtarchiv. Ein Unternehmen wird mit speziellen Rollwagen den Umzug des Archivmaterials durchführen.
Helge Kleifeld, Stadtarchivar
Schaut man sich einmal die bloßen Zahlen an, beeindruckt der Umzug des Stadtarchivs. „Die Akten lagern in Kartons, die jeweils vier Kilogramm wiegen“, erklärt Gerhards. Von denen gibt es im dreigeschossigen Magazin so viele, dass im Stadtarchiv inklusive aller vorhandenen Bücher insgesamt rund 90 Tonnen Papier lagern. Würde man die Kartons aneinanderreihen, ergebe das eine Strecke von rund vier Kilometern — so lang wie von der NEW bis zum Bismarckplatz. Das Ausräumen im alten und das Einräumen im neuen Stadtarchiv läuft parallel. Während die Kartons vom Umzugsunternehmen problemlos transportiert werden können, gibt es auch fragile Unterlagen, die speziell verpackt werden müssen. Dazu gehören zum Beispiel Bücher aus dem 16. Jahrhundert. „Wir haben beim Sichten der Bestände auch Dinge gefunden, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie haben. Dazu gehören zum Beispiel Zeitungen aus Viersen, damit konnten wir den Kollegen eine Freude machen“, sagt Helge Kleifeld.
Nötig geworden ist der Umzug des Stadtarchivs vor allem durch Platzmangel. „Das Archiv ist schon vor Jahren an die Grenzen seiner Kapazität gestoßen“, sagt Kleifeld. Mehrfach stand ein neuer Standort zur Diskussion. Mit der Entscheidung, nun ins Vituscenter zu ziehen, sei man sehr zufrieden. Durch den geplanten Rathausneubau in Rheydt wuchs der Druck noch einmal. Im Rheydter Rathaus lagern nämlich weitere Akten aus Politik und Verwaltung auf einer Strecke von einem Kilometer Regal. Dafür bietet das alte Stadtarchiv keinen Platz mehr. Hinzu kommen die Räume. Derzeit ist alles eng, klein und wirkt doch sehr in die Jahre gekommen. Richtiges Arbeiten, zum Beispiel mit Schulklassen, ist dort kaum möglich. Das Raumkonzept entspricht nicht mehr der Zeit.
Das wird sich im neuen Stadtarchiv alles ändern. Dort ist doppelt soviel Platz für Akten. „Wir sind dort auf 25 Jahre ausgelegt“, sagt Ilona Gerhards. So können die Regale jährlich um einhundert Meter Akten gefüllt werden.