Altweiber: Frauen stürmen an die Macht
Ein Rathaus zu erobern ist für die Möhnen ein Leichtes, die Gegenwehr der Männer kläglich.
Mönchengladbach. Liebe Männer! 364 Tage im Jahr lassen wir euch in dem Glauben, dass ihr das starke Geschlecht seid. Nur an einem Tag müsst ihr mit der Wahrheit leben. Aber nicht mal das klappt. Ihr verrammelt euch in den Rathäusern, klopft freche Sprüche, nur um festzustellen, dass ein effer Trick reicht, um euch die Macht zu entreißen.
"Diesmal kommt ihr nicht rein", ruft auch Giesenkirchens Bezirksvorsteher Frank Boss vom Fenster des Rathauses den Möhnen auf dem Vorplatz zu. Seine Taktik: Die Männer mit Bier und Gulaschsuppe stärken, die Eingänge mit Wachposten absichern und mit Süßigkeiten Kinder auf den Vorplatz locken, die den Durchgang versperren.
Darüber kann Obermöhne Angelika Palmen nur lachen. Ihr erster Schachzug: Sie lässt die Kapelle die Hymne der Borussen spielen. Schon verlassen die ersten Männer das Rathaus, um mitzusingen. Eigentlich ist aber nicht mal das nötig. Um 13.04 Uhr entreißen zwei Möhnen dem Bezirksvorsteher einfach sein Mikro und rufen die anderen herein. Wie sie an den Türstehern vorbeigekommen sind? "Ach, bei den Männern reicht ein Bützchen, ein Bier, vielleicht noch ein Kurzer, das war es", so die Obermöhne.
Warum das Rathaus erstürmen, wenn ohnehin eine Frau, Bezirksvorsteherin Renate Zimmermanns, das Sagen hat, scheint das Motto in Odenkirchen zu sein. Männer und Frauen feiern den ganzen Tag zusammen. Ein Ehepaar hatte dazu besonderen Grund: Um 9.30 Uhr gaben sie sich im Rathaus das Ja-Wort - verkleidet als Kuh und Elefant.
Martha Fürst hat sich wie in den letzten 40 Jahren als echte Möhne verkleidet. Ihr Gesicht hinter einer Maske versteckt, in der Hand einen Schirm, auf dem das Kinderprinzenpaar thront, geht es zur Friedrichstraße. Dort heizen unter anderem die Band Hätzblatt und die Herzbuben den rund 700 Narren ein. Unter ihnen sind erstaunlich viele Männer. Sie verhalten sich aber eher ruhig und unauffällig. Schließlich wissen sie nicht, wer hinter der Möhnen-Maske steckt.
Martha Fürst nimmt mit ihrem Kostüm, an dem sie drei Wochen lang gebastelt hat, natürlich am Möhnenwettbewerb teil. "Man muss sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen", erzählt Fürst. So hat sie ihr Haar mit Lametta geschmückt und als Hingucker den bunt behangenen Schirm dabei.
In Rheydt wird das Rathaus erst am Montag erobert - von Männern und Frauen gemeinsam. Altweiber wird aber auch hier gefeiert. Auf dem Marktplatz, wo zugleich auch die Kirmes stattfindet, moderiert Bella Peltzer das Programm. Im Mittelpunkt: Die Prämierung des schönsten Möhnekostüms. Mit Nummern bestückt geht es nacheinander auf die Bühne. "Ich werde improvisieren", erzählt die Möhne mit der Startnummer sechs. Krawatten hat sie noch keine abgeschnitten, denn sie ist, so sagt sie selbst, "eine friedliche Möhne".
Bis Mitternacht bleiben die Weiber maskiert. Wer den Kostümwettbewerb gewonnen hat, bleibt solange ein Geheimnis. Doch Manfred Lünzner vom Mönchengladbacher Karnevalsverband ist sich sicher: "Ein Möhne der KG Schwarz-Gold Rheydt wird gewinnen, die haben immer die tollsten Kostüme."