Anstieg: Mehr „Idiotentests“ wegen Drogen
Betäubungsmittel sind immer häufiger der Grund dafür, dass Fahrer sich von Experten begutachten lassen müssen, um wieder ans Steuer zu dürfen.
Mönchengladbach. Die Zahl der Mönchengladbacher, die zum so genannten „Idiotentest“ müssen, um sich — im besten Fall — wieder ans Steuer setzen zu dürfen, steigt. Und immer häufiger ist Drogenkonsum der Grund für eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU).
„Das ist eine interessante Verschiebung. Der Klassiker war lange Zeit immer Alkohol an erster, 18 Punkte in Flensburg an zweiter und Drogen an dritter Stelle“, berichtet Diplom-Psychologin Stephania Lanzillotta von der Gladbacher Begutachtungsstelle für Fahreignung der Angewandten Betriebspsychologie und Verkehrssicherheit (ABV).
Mittlerweile sind die Drogen die Nummer zwei geworden. „Die Drogenfälle haben stark zugenommen. In der Regel geht es um illegale Betäubungsmittel, allen voran Cannabis, dicht gefolgt von Amphetaminen.
Der Missbrauch von Medikamenten kommt deutlich weniger vor.“ Alkohol im Straßenverkehr als Grund für die Medizinisch-psychologischen Untersuchungen liegt derzeit bei einem Anteil von knapp 57 Prozent, bei Drogen und Medikamente sind es 19 Prozent. Was die 18 Punkte in Flensburg angeht, sind es 15 Prozent.
Die Erklärung für die steigenden Drogen-Fälle unter den Begutachtungen, die in allen Fällen auch ein Vier-Augen-Gespräch mit einem Psychologen beinhalten, hat nach Einschätzung von Lanzillotta aber nichts damit zu tun, dass der Konsum an und für sich angestiegen ist, sondern dass die Polizei-Tests ausgefeilter sind. „Allein von 2008 auf 2009 sind 6,5 Prozent mehr Drogen- und Medikamentenfahrten aufgefallen.“
Gleichzeitig sanken die Fahrten unter Alkoholeinfluss um drei Prozent. „Das heißt, dass dieses Problem im Bewusstsein der Menschen angekommen ist. Sie lassen häufiger das Auto stehen. Das liegt auch an der guten Verkehrserziehung.“
Stephania Lanzillotta, als Diplom-Psychologin übernimmt sie „Idiotentests“
Aber das dürfe über eines nicht hinwegtäuschen: Insgesamt ist die Zahl der angeordneten Fahreignungs-Tests im vergangenen Jahr in Deutschland gestiegen. Von dem deutschen System an und für sich hält Lanzillotta viel. „Es setzt auf Schutz und Chance.“ Eine Chance für den einzelnen Fahrer, ohne den Schutz für die anderen Menschen im Straßenverkehr zu vergessen.
In den meisten Nachbarländern gehe es nur um Strafen. In Schweden und Italien etwa wird erwischten Fahrern ersatzlos das Auto weggenommen. „Aber wenn man zum Beispiel die Berufskraftfahrer nimmt, die zu mir kommen, erlebe ich, dass Existenzen daran hängen.“ Diese Menschen seien „nachvollziehbar verzweifelt“.
Berufsfahrer stünden oft unter Stress, den ihnen Chefs oder Disponenten auferlegten. Sie würden häufig gezwungen, „Zeit rauszufahren“.
Lanzillotta sagt: „Abgrenzung ist alles.“ Das heißt sowohl gegen andere, die Druck ausüben, als auch gegen den Stress selbst. „Das Problem ist, dass viele nur noch mit chemischen Mitteln aus ihrem Alltag herauskommen und sie ohne Drogen oder Medikamente keine Inseln der Entspannung finden.“
Der Blick der Psychologen bei der MPU liegt auf den Grundeinstellungen, mit denen sich die Betroffenen aktiv unglücklich machen. Die zentrale Philosophie in der Verkehrspsychologie ist: „Menschen fahren wie sie leben.“ Deshalb ist sehr unterschiedlich, was Psychologen von den Begutachteten für eine Lösung der Probleme fordern, je nachdem, ob es beispielsweise um aggressives oder riskantes Fahren geht. Aber eigentlich muss sich immer erst das Leben dieser Menschen ändern.