Auftakt im Prozess um Sexualmord
Das mediale Interesse war groß: Seit gestern muss sich ein 68-jähriger Witwer wegen Mordes und sexuellen Missbrauchs an seiner Lebensgefährtin vor der siebten großen Strafkammer des Mönchengladbacher Landgerichts verantworten.
Der Angeklagte B. galt unter Nachbarn als friedlicher und netter Rentner. Er war im Brauchtum engagiert und wurde als äußerst rechtschaffen bezeichnet. Nun wird der 68-Jährige wegen Mordes vor Gericht angeklagt. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Er habe zwischen dem 6. und 7. November 2016 seine erheblich alkoholisierte Lebensgefährtin mit verschiedenen Gegenständen vergewaltigt. Die Frau sei schließlich daran verblutet.
Zahlreiche Vertreter der Medien und ein gefüllter Zuschauerraum im Schwurgerichtssaal A 100 zeigten gestern das besondere Interesse, das an diesem Schwurgerichtsprozess besteht. Doch auf die Verlesung der Anklage mussten gestern alle Anwesenden erst einmal warten.
Rechtsanwältin Hiltrud Hören, die die Tochter des Opfers als Nebenklägerin vertritt, hatte gestern den Antrag gestellt, die Öffentlichkeit während des ganzen Schwurgerichts-Prozesses auszuschließen. Es würden besondere Umstände aus dem sexuellen Bereich des Opfers im Gerichtssaal bekannt, begründete die Anwältin den Antrag, den sie noch vor Verlesung der Anklage stellte. Richter Lothar Beckers wies den Antrag jedoch mit der Begründung zurück, dass das Interesse der Öffentlichkeit überwiege und das verstorbene Opfer zu Lebzeiten bereitwillig über seine sexuellen Vorlieben bei Bekannten und Freunden gesprochen habe. Der Anwalt des Angeklagten ließ verlauten: „Mein Mandant scheut die Öffentlichkeit nicht“ — und begrüßte die Entscheidung des Gerichts. Danach verlas Staatsanwalt Benjamin Kluck die Anklage.
Und die ist beachtlich. Zwischen dem 6. und 7. November 2016 habe der Witwer den Abend mit der 55-jährigen Lebensgefährtin in einer Mönchengladbacher Gaststätte verbracht. Nach reichlich Tequila-Konsum sei die Frau vom Angeklagten, Freunden und dem Bruder des Opfers nach Hause gebracht und dort auf ein Bett gelegt worden. Dort soll der Angeklagte dann begonnen haben, die fast bewusstlose Frau, die 3,79 Promille im Blut hatte, mit verschiedenen Gegenständen zu misshandeln.
Laut Anklage soll der 68-Jährige das Opfer auch geschlagen haben. Dabei soll der Mann den Tod der Frau in Kauf genommen haben. Die 55-Jährige soll an einem massiven Blutverlust gestorben sein. Der Angeklagte habe am nächsten Morgen die Feuerwehr alarmiert. Als Staatsanwalt Benjamin Kluck Details zum Tathergang verlas, brach die Tochter des Opfers in Tränen aus. Der Angeklagte hingegen zeigte während des gesamten Prozesstages keinerlei Emotionen. Sein Verteidiger rügte allerdings die Anklage des Staatsanwalts. Der Anklagevertreter habe sich „erheblich vergriffen“. Sein Mandant wolle sich zunächst schweigend verteidigen und vorläufig nichts sagen.
„Wir glauben, dass das kein Mord war“, meinte der Verteidiger. Die beiden seien schließlich ein Liebespaar gewesen. „Es ging hierbei um ein entgleistes sexuelles Geschehen“, sagte er. Sein Mandant wisse um den Schmerz der Angehörigen. Er sei jedoch selber sehr betroffen über den Tod seiner Lebensgefährtin. Der Prozess wird am Donnerstag, 11. Mai, fortgeführt.