Besuch: Kämpfer gegen die Todesstrafe
Shuja Graham sollte unschuldig hingerichtet werden, wurde aber frei- gesprochen. Nun kam er in die Marienschule.
Mönchengladbach. Beeindruckend, nachhaltig und anstrengend. So fasst Lehrer Christoph Storck die Begegnung mit Shuja Graham zusammen.
Rund 600 Schüler der Mittel- und Oberstufe der Bischöflichen Marienschule waren in der Aula, als der 60-jährige Afroamerikaner aus seinem Leben erzählte, das davon geprägt ist, dass er unschuldig zum Tode verurteilt wurde.
Eine dreiviertel Stunde lang nimmt er sie mit in eine Welt aus Gewalt und Willkür, der er sich ausgesetzt sah. Er berichtet davon, dass er keinen Schritt ohne Ketten an Händen und Füßen machen konnte.
Es kostet ihn sichtlich Kraft. Alte Emotionen kommen wieder hoch. Tränen zeigen seine Trauer über die Ungerechtigkeit. Mehrmals versagt ihm die Stimme, seine Hände zittern. Seine englischen Worte kommen stakkatoartig aus seinem Mund, fast wie ein Rap, manchmal recken sich die Fäuste geballt in die Luft.
Als Kind armer Eltern im Süden der USA war er in die Mühlen der Justiz geraten und landete im Gefängnis. Er wurde zum Anführer der "Black Prison"-Bewegung, die sich gegen die Benachteiligung von Schwarzen in den Gefängnissen auflehnte. Als ein Gefängniswärter ermordet wurde, suchte man die Schuld bei ihm und verurteilte ihn zum Tode. Weil sich die ganze schwarze Bevölkerung für ihn einsetzte und er von einem Gericht aus lauter weißen Richtern verurteilt wurde, konnte man das Urteil abwenden.
Noch bis 1981 dauerte es, bis er seine Unschuld in mehreren Prozessen beweisen konnte und frei kam. Seitdem engagiert er sich zusammen mit seiner Frau für die Rechte von Minderheiten. Er ruft die Schüler auf, sich ebenfalls zu engagieren: "Glücklich sind die, die für soziale Gerechtigkeit kämpfen", schließt er seinen Vortrag. Und Applaus donnert durch die Aula.
Eine halbe Stunde haben die Schülerinnen und Schüler Zeit, ihm Fragen zu stellen. Doch die meisten bringen überwältigt ihren Dank zum Ausdruck: Dass er die Stärke aufbringt, für die Abschaffung der Todesstrafe zu kämpfen. Ein Schüler sagt, dass Graham ihm Mut vermittelt habe und er jetzt wisse, dass es sich zu leben lohnt.
Der Vortrag wurde organisiert von Manuela Brülls von Sant’Egidio. Die katholische Laienvereinigung setzt sich für arme Menschen in der eigenen Umgebung ein und organisiert in Mönchengladbach unter anderem Hausaufgabenbetreuungen. "Wir haben schon fünf Millionen Unterschriften gesammelt", sagt Brülls und bittet auch die Schüler der Bischöflichen Marienschule um Unterstützung des Appells, der an die Vereinten Nationen gehen soll. Sie hat mit Shuja Graham zwei weitere Schulen in Gladbach und eine in Breyll besucht.
"Nach dieser Veranstaltung kann man nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen", sagt Lehrer Christoph Storck, während die Schüler noch Schlange stehen, um Graham persönlich die Hand zu schütteln. "Das wird in den gesellschaftlichen Fächern aufgegriffen", sagt der Lehrer für Deutsch, Pädagogik und Religion. Die Schule unterstützt Sant’ Egidio mit Spendengeldern aus einem Sponsorenlauf. "Manche Schüler machen dort auch persönlich mit", freut er sich.