„Fragwürdige Entscheidung“ „Es geht in erster Linie um Solidarität für Gefährdete“
Mönchengladbach · Keine Maske mehr im Unterricht – das kommt bei vielen Gladbacher Schulen nicht gut an. Sie kritisieren die Entscheidung des Landes.
Seit Dienstag müssen Schüler in NRW keine Maske mehr an ihrem Sitzplatz tragen. Wenn sie beispielsweise an die Tafel oder in die Pausenhalle gehen, gilt die Maskenpflicht aber weiterhin. „Quasi wie im Restaurant“, sagt Jan Funken, Leiter des Math.-Nat.-Gymnasiums. „Nur, dass es sich hier in der Schule um eine viel größere Gruppe von Menschen handelt“, fügt er hinzu. Es ist herauszuhören, dass er die Entscheidung verfrüht findet. Deswegen appelliert er an seine Schüler, die Maske weiterhin zu tragen. „Wir versuchen, auf maximale Sicherheit zu gehen“, sagt er. Und das funktioniere super. Fast alle Schüler tragen im Unterricht weiterhin einen Mundschutz. „Es geht in erster Linie um Solidarität für die, die besonders gefährdet sind“, sagt er.
Rückläufige Infektionszahlen, steigende Impfquote, mehr Normalität – das waren die Gründe des Schulministeriums, die Maskenpflicht am Sitzplatz aufzuheben. Die Argumentation kann Lucie Joe Hoffmann nicht nachvollziehen: „Es wird kälter, die Zahlen steigen. Ich fühle mich nicht wohl dabei, die Maske abzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt eine fragwürdige Entscheidung“, sagt die 16-Jährige. In ihrer Stufe seien sich alle einige gewesen: Der Schutz bleibt weiterhin vor Mund und Nase.
Aufhebung der Maskenpflicht für mehr Normalität sei kein Grund
Dass durch die Aufhebung der Maskenpflicht mehr Normalität in die Schule gebracht werden soll, ist auch für die 13-jährige Clara Meer kein Grund: „Ich habe mich mittlerweile so sehr an die Maske gewöhnt, dass ich sie kaum noch bemerke“, sagt sie. Abgesehen vom Ausdauersport – da nerve es schon noch – sei Unterricht mit Mundschutz für sie und ihre Mitschüler normal geworden.
So sieht es auch Gerald Jeremy Johnson. Bis auf wenige Ausnahmen tragen in seiner Stufe alle weiterhin Maske im Unterricht. Dass einige es nicht tun, findet der 16-Jährige nicht schlimm: „Es ist ihr gutes Recht. Jeder sollte das für sich ausmachen.“ Der Umgang miteinander sei sehr rücksichtsvoll, bestätigt Lucie. Im Unterricht habe sie ihr Sitznachbar vorher gefragt, ob er die Maske abnehmen dürfe. „Das hat mich sehr gefreut. Es zeigt, dass wir alle aufeinander Acht geben und stärkt das ‚Wir-Gefühl‘“, sagt sie. Auch an anderen Mönchengladbacher Schulen soll die Maske im Unterricht bleiben. In der Hans-Jonas-Gesamtschule in Neuwerk gibt es sogar eine Empfehlung vom Eilausschuss der Schulkonferenz, weiterhin die Masken zu tragen – zumindest dann, wenn „leise gearbeitet und nicht gesprochen wird“.
Am Stift.-Hum. Gymnasium lautet der Tenor in der Schülervertretung: „Masken lieber auflassen.“ Am ersten Tag der neuen Verordnung hätten 95 Prozent aller Schüler die Maske anbehalten, weiß Lehrerin Julia Wilms. Sie sagt: „Möglicherweise wird sich das in den kommenden Wochen ändern. Aber man hatte ganz und gar nicht das Gefühl, dass die Schüler denken: ‚Super, jetzt können wir den Mund-Nasen-Schutz auslassen’.“ Angesichts der steigenden Infektionszahlen herrsche die Skepsis gegen die Neuregelung vor. Denn: „Die Solidarität hat weiterhin Priorität.“
Gymnasium am Geroweiher spricht keine Empfehlung aus
Ganz bewusst hat man sich am Gymnasium am Geroweiher gegen eine Empfehlung zum Weitertragen der Maske auch am Sitzplatz entschieden. Schulleiter Christian Dern: „Uns ist es jetzt ganz wichtig, dass die Schüler es selbst bestimmen und sich wieder frei entfalten können.“ Wie sich seine Schüler nach zwei Tagen zurück im Unterricht entscheiden werden, weiß er noch nicht.