Der Kasten, der Abgase beschnüffelt
A wie Abgase heißt es im Sommer-ABC. Beim momentanen Wetter ist es wahrscheinlicher, dass Feinstaub und Stickstoffdioxid die erlaubten Grenzen übersteigen. Die Werte einer neuen Messstation liegen schon recht hoch.
Kaum größer als zwei Telefonzellen ist der unscheinbare Metall-Kasten an der Friedrich-Ebert-Straße. Ein Aufkleber deutet an, was hier passiert. "Hier misst das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW für Sie die Luftqualität" steht darauf. Der Kasten ist voll gepackt mit Technik. Und deshalb geht hier auch sofort ein Alarm los, wenn sich jemand an einer der beiden Türen ohne Schlüssel zu schaffen macht.
Dr. Klaus Vogt hat einen Schlüssel. Er ist Fachbereichsleiter beim NRW-Landesumweltamt und zuständig fürs Luftqualitätsmessnetz. Er wirft einen Blick auf die Geräte im Kasten und meldet sich über ein Wand-Telefon kurz bei seinen Kollegen in Essen, wo alle Messwerte aus ganz NRW zusammenlaufen. "Über genau diese Telefonleitung werden die Daten im Sechs-Sekunden-Takt übertragen und im Landesumweltamt zu Halbstunden-, Stunden- und Tageswerten verdichtet", berichtet Vogt.
Zwei Schadstoffe werden hier kontrolliert: Feinstaub und Stickstoffdioxid. Dafür saugt der Messcontainer über ein Rohr auf dem Dach Luft an. Die Luft wird dann getrocknet, um den Feinstaub in einem winzigen Filter zu fangen, der in einer Stimmgabel hängt. Die Frequenz dieser Stimmgabel wird gemessen. Je schwerer sie ist, umso weniger schwingt sie. Beim Stickstoffdioxid wird in einem anderen Gerät eine chemische Reaktion hervorgerufen, die Blitze erzeugt. Je mehr Blitze gemessen werden, umso höher ist der Stickstoffdioxidanteil der Luft.
Erst seit diesem Jahr steht die Messstation mit dieser ausgefeilten Technik, die die Abgase "beschnüffelt" an der Friedrich-Ebert-Straße. Ihr bisheriges Ergebnis: Beim Stickstoffdioxid, das in Abgasen enthalten ist, sind die Grenzwerte überschritten. Der bisher gemessene Mittelwert liegt bei 51 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Und der Grenzwert liegt bei 40 (siehe Kasten "Schadstoffe und Grenzwerte"). Stickstoffdioxid wird deshalb im Auge behalten, weil es u.a. Kopfschmerzen und Schwindel auslösen und Atemwege schädigen kann. "Dass die Stickstoffdioxid-Konzentrationen steigen, ist ein europaweiter Trend", sagt Vogt. "Aber in Deutschland hat sich das besonders verschlechtert wegen der vielen Dieselfahrzeuge."
Noch nicht überschritten sind an der Friedrich-Ebert-Straße die Werte beim Feinstaub, dem entscheidenden Faktor bei der Frage, ob Umweltzonen eingerichtet werden oder nicht. An höchstens 35 Tagen darf der Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm überschritten werden und im Kalenderjahr nicht der Jahresmittelwert von 40. An der Friedrich-Ebert-Straße ist der Feinstaub-Tagesgrenzwert in diesem Jahr nun schon an 20 Tagen überschritten worden.
Aber Prognosen, ob damit mehr als 35 Tage Feinstaub-Überschreitung in diesem Jahr wahrscheinlich sind und damit auch der Mess-Container bleiben wird, kann Vogt nicht abgeben. "Ich habe keine prophetischen Gaben. Man kann das nicht hochrechnen." Entscheidend werde auch sein, wie sich der Sommer weiter entwickelt. "Die Werte sind stark wetterabhängig", betont Vogt. Wind und Regen sind nämlich gut gegen Feinstaub. Und der Wind verwirbelt auch das Stickstoffdioxid. "Aber in diesem Jahr hat es schon viel ,Glockenwetter’ ohne Luftbewegung gegeben. Es waren untypisch viele Tage schon im ersten Quartal. Und dann bleibt der aufgewirbelte Staub, wo er ist."