Der Krisenstab hat funktioniert

Am Tag nach der Entschärfung einer 500-Kilo-Bombe an der Martinstraße wurde Bilanz gezogen — und die fiel sehr positiv aus.

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Eicken. Wenn in der Stadt der Krisenstab einberufen wird, dann läuft etwas „ganz Großes“. Am Dienstag war so ein Tag. „Es handelte sich um eine der umfangreichsten Evakuierungsmaßnahmen in den letzten Jahren“, sagte Hans-Jürgen Schnaß, Ordnungsdezernent und Leiter des Krisenstabs.

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5200 Menschen mussten innerhalb weniger Stunden ihre Wohnungen verlassen. 1000 Haushalte und zwei Altenheime mussten geräumt werden. Der Transport von Rollstuhlfahrern, Gehbehinderten und Bettlägerigen war zu organisieren. Dazu kamen Betreuungs-, Verpflegungs- und Informationsaufgaben. Und dann noch das Gefasstsein auf die Frage: Was wäre, wenn? Die an der Martinstraße gefundene 500-Kilo-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg nicht vor Ort entschärft werden kann, wenn sie gesprengt werden muss, wenn . . .

Spätestens nach der Loveparade in Duisburg haben die Kommunen erkannt, wie wichtig ein gut funktionierendes Notfallmanagement ist. Seitdem hat auch Mönchengladbach einen Krisenstab mit einem qualifizierten Stabs- und Führungssystem, mit dem die gesamtstädtischen Ressourcen zeitnah aktiviert und koordiniert eingesetzt werden können. Am Dienstag waren das insgesamt 260 Kräfte der Berufsfeuerwehr, der Freiwilligen Feuerwehren und Hilfsorganisationen, etwa 250 Polizisten sowie 40 Mitarbeiter der Stadtverwaltung, unter anderem aus den Bereichen Kommunaler Ordnungsdienst und Bürgerservice.

Die MGMG stellte die Kaiser-Friedrich-Halle als Sammelstelle für die Evakuierten zur Verfügung. Die zahlreichen Mitarbeiter der Hilfsorganisationen kümmerten sich nicht nur um den Transport von Menschen aus dem Sperrgebiet, sie sorgten auch für die Verpflegung in der Sammelstelle, und sie halfen bei der Registrierung der Anwohner aus Eicken, die in der Kaiser-Friedrich-Halle ankamen. Neben Rettungswagen aus der Stadt waren während der Evakuierung und Bombenentschärfung in Eicken auch Fahrzeuge aus den Nachbarstädten unterwegs.

Einberufen wurde der Krisenstab vom Oberbürgermeister. Angesichts der Dimension des Einsatzes zögerte Hans Wilhelm Reiners am Dienstag nicht, das sofort zu tun. Im Amtsdeutsch heißt es, dass der Krisenstab in „Großschadensfällen“ zusammentritt. Aber es sind nicht nur Unwetter, Hochwasser, Seuchen, Explosionen oder auch die Beseitigung von Kampfmitteln, die ein Krisenmanagement erfordern. Auch Großereignisse gehören dazu, bei denen schnell und sehr viel koordiniert und entschieden werden muss.

Zum Krisenstab gehören neben Leiter Hans-Jürgen Schnaß der Verwaltungsvorstand, ein Verantwortlicher für Bevölkerungsinformation und Medienarbeit (Stadtsprecher Wolfgang Speen), Vertreter von Ordnungsamt, Feuerwehr, Polizei und NEW sowie Experten, die lagebedingt hinzugezogen werden. „Bei einer Epidemie wären das beispielsweise Fachleute aus dem Gesundheitsamt“, sagte Wolfgang Speen, Leiter der städtischen Pressestelle.

Wichtig bei einer „Großschadenslage“ ist auch der Bereich Bürgerinformation. Am Dienstag hielt die Stadt die Menschen nicht nur über ihre Homepage und Facebookseite auf dem Laufenden, es wurde auch eine Hotline eingerichtet. Zehn Mitarbeiter beantworteten bis Mitternacht zahlreiche Fragen und nahmen insgesamt 870 Anrufe entgegen.

Auch wenn die letzten Bürger nach der Bombenentschärfung erst um 3.30 Uhr wieder zu Hause waren, die Rückmeldungen nach dem Großeinsatz sind durchweg positiv. Lob kam aus der Bevölkerung und aus der Politik. Und auch der Krisenstab selbst zieht zufrieden Bilanz. „Gerade wegen der Evakuierung der beiden Altenheime und der besonders sensiblen Situation im Transport zahlreicher Rollstuhlfahrer und bettlägeriger Bewohner war dieser Einsatz, der trotz der Hauptverkehrszeit reibungslos erfolgte, eine logistische Herausforderung für alle Einsatzkräfte und ehrenamtlichen Helfern, bei denen ich mich ganz herzlich bedanken möchte“, sagte Schnaß gestern.

Alle Helfer seien sehr engagiert bei der Sache gewesen, berichtete Stadtsprecher Speen. Viele hätten sich freiwillig gemeldet. „Da haben auch Führungskräfte aus der Stadtverwaltung in der KFH an der Suppenkelle gestanden“, so Speen. Und: „Die Gladbacher stehen eben in Freud und Leid zusammen.“ Ein dickes Lob für alle Einsatzkräfte gibt es auch vom Oberbürgermeister: „Sie alle haben eine sehr gute Arbeit geleistet und dazu beigetragen, dass dieser Einsatz im Ganzen reibungslos abgelaufen ist“, so Hans Wilhelm Reiners.

Aber es soll auch nicht verschwiegen werden, dass es ein paar wenige Dinge gab, die nicht funktioniert haben beziehungsweise besser gemacht werden können. „Wir lernen daraus und werden am Konzept feilen“, sagte Speen. Und was ist es, was beim nächsten Mal besser wird? „Zum Beispiel, dass wir nicht nur heiße Suppe und Würstchen in der Sammelstelle anbieten, sondern auch Babynahrung.“