Die Kunst steckt in der Scheibe
Junge Niederländerin zeigt ihre persönlichen Erfahrungen mit der Stille.
Mönchengladbach. Sie erkennt die Kunst im Alltäglichen. In der Fensterscheibe der Nachbarwohnung gegenüber, in der das Sonnenlicht reflektiert wird. In den Autos, die auf dem Parkplatz an ihrem Atelier an der Steinmetzstraße abgestellt sind. „Things to do in Mönchengladbach“ hat die Amsterdamer Künstlerin Sarah van Sonsbeeck ihre Abschlussausstellung genannt, die bis zum 25. September zu sehen ist.
Dabei beschränkt sich die 34-Jährige nicht nur auf die Ausstellungsmöglichkeit im Museum Abteiberg. Die junge Frau lädt Kunstinteressierte zu einem ungewöhnlichen Rundgang durch die Vitusstadt ein. „Colour Code Parking“ nennt van Sonsbeeck die zufälligen Übereinstimmungen zwischen den Farben der parkenden Autos im Hinterhof an der Steinmetzstraße, der eigenen Stimmung und dem Blau oder Grau des Himmels.
Mit ihrer Kamera hat sie den Moment festgehalten, als der Nachbar in der Albertusstraße seine Rollos herunterließ und das Sonnenlicht reflektierte. Im Schaufenster eines leer stehenden Friseursalons im Lichthof macht die Niederländerin auf diesen Augenblick aufmerksam, indem sie ein immer wieder automatisch kippendes Fenster zeigt.
Auf einer Grünfläche am Museum Abteiberg hat van Sonsbeeck ein kleines Zelt aufgestellt. Das Besondere daran: das Material. Das Zelt aus mit Silber beschichtetem Stoff lässt keine elektromagnetischen Strahlen durch und schirmt ähnlich wie ein Faradayscher Käfig ab.
„Ein Instrument für das Recht auf Stille“, nennt sie das Kunstwerk, das zurzeit viele Blicke auf sich zieht. „Jeder Mensch hat ein Recht auf Stille, auf einen Ort, an dem man zumindest eine Zeit lang ungestört ist.“
Sie träume davon, ein solches Zelt eines Tages in jedem Baumarkt erwerben zu können. Auch Thomas Hoeps, Leiter des Stadt-Kulturbüros, ist begeistert von den ungewöhnlichen Arbeiten der Künstlerin. Das Zelt sei „ein Ausrufezeichenn für einen anderen Schutzraum“.
Die Amsterdamerin ist die 20. Trägerin des internationalen Stipendiums, das die Stadt mit Unterstützung der Josef-und-Hilde-Wilberz-Stiftung seit 1998 an bildende Künstler vergibt. Atelier und Wohnung werden während des sechsmonatigen Aufenthalts zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es einen Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten.
Sarah van Sonsbeeck beschäftigt sich mit dem Thema Stille und Raum. Im Museum Abteiberg zeigt sie unter anderem eine mit weißer Watte beklebte Tasse, die sie „Silent Cup“ nennt und von der sie sagt, dass sie „nie störende Geräusche macht“.
Zur Ausstellung ist ein Künstlerbuch erschienen, das limitiert ist auf 100 Exemplare. Nur 20 davon sind im freien Verkauf erhältlich zum Stückpreis von 30 Euro.