Durch Kurzarbeit in die Schulden

Die Mönchengladbacher, die tief im Minus stecken, haben doppelt so viele Außenstände wie der Bundesbürger im Durchschnitt.

Mönchengladbach. Jeder Bundesbürger hat knapp 18.881 Euro Schulden. Zu diesem Ergebnis kommt der Bund der Steuerzahler, wenn er die deutsche Staatsverschuldung auf alle Einwohner aufteilt.

Karin Fuhrmann-Dally, die Leiterin der Mönchengladbacher Schuldenberatung kommt bei ihren 2.606 Klienten fast auf das Doppelte: "Die Menschen, die sich bei uns beraten lassen, sind im Schnitt mit 36.000 Euro verschuldet."

Die Stadt Mönchengladbach hat ein Schulden-Problem, das ist bekannt. Aber auch die Mönchengladbacher stehen immer häufiger in der Kreide. Und zwar so tief, dass es ohne Hilfe keinen Ausweg mehr gibt. Die Schuldnerberatung leitete im vergangenen Jahr 531 Insolvenzen von Privathaushalten ein.

Das Landesamt für Statistik meldet zwar einen Rückgang der Verbraucherinsolvenzen im Verwaltungsbezirk Mönchengladbach (dazu gehören auch Viersen und Hückelhoven) von 11,8 Prozent im Vergleich zu 2007, aber diesen Trend kann Fuhrmann-Dally nicht bestätigen.

Ganz im Gegenteil. "Die Nachfrage nach Schuldenberatung ist in Mönchengladbach schon immer hoch, und sie wird in diesem Jahr nochsteigen", sagt sie.

Dass es im Gesamtbezirk einen Rückgang gibt, könne seine Ursache darin haben, dass in den Beratungsstellen der drei Städte weniger Menschen bedient werden konnten.

Für Mönchengladbach trifft jedoch auch das nicht zu. "Wir arbeiten seit sechs Jahren mit Wartelisten und Gruppenberatung, weil der Andrang so groß ist." Die Beratungsgruppen sind immer gut besucht. Fünf Monate dauert es in der Regel, bis ein Schuldner einen Termin für ein Einzelgespräch bekommt. Und die Wartezeit dürfte sich im Zuge der Wirtschaftskrise noch verlängern.

Die Kurzarbeit, eigentlich als Mittel gedacht, die Folgen der Krise abzumildern, dränge viele in die Schuldenfalle. Denn auch wenn die Arbeitsagentur für die Kurzarbeitszeit 60 Prozent des Lohns erstattet: Die Einbußen sind deutlich. "Es kommen immer mehr Menschen, die Kurzarbeit leisten und ihren Lebensunterhalt nicht mehr bezahlen können", sagt die Beraterin. Es seien Arbeitnehmer aus allen Mönchengladbacher Firmen darunter, die Kurzarbeit leisten - von Schlafhorst bis Postpress.

Hinzu kommen die äußeren Umstände: Denn was kaltes Schmuddelwetter für eine Erkältung ist, das ist Mönchengladbach für Schulden. Die Stadt hat den dritthöchsten Risikofaktor für eine private Verschuldung in ganz Deutschland.

Das hat die Kreditauskunft Schufa 2007 in einer Studie über 429 Landkreise und kreisfreie Städte ermittelt. Ein noch höheres Risiko gibt es nur im rheinland-pfälzischen Pirmasens und in Wilhelmshaven.

Fuhrmann-Dally weiß: "Das hängt mit dem Privatverschuldungsindex der Schufa für Mönchengladbach zusammen." Der Index setzt sich aus Schuldenrisikofaktoren wie Mahnungen, gekündigten Handyverträgen, Wohnumfeld und anderen Fakten zusammen, die der Kreditauskunft mitgeteilt werden.

Trotz der düsteren Aussichten sieht die Chefin der Schuldnerberatung die Krise aber auch als Chance. Sie hofft, dass die Menschen sich darauf besinnen, wieder Rücklagen für schlechte Zeiten zu bilden. "Dieses Denken gab es bei unseren Klienten in der Vergangenheit nämlich fast gar nicht", fasst sie ihre Erfahrungen zusammen.