Facebook-Aufruf zur Bürgerwache

Die Polizei machte die Initiatoren ausfindig und riet ihnen von dem Vorhaben ab. Es kam zu keiner Aktion.

Foto: Anne Orthen

Kaum war der Aufruf zur Bürgerwache am Mönchengladbacher Hauptbahnhof bei der Polizei bekannt, machten sich die Beamten auch schon auf den Weg zu den Verantwortlichen der Facebook-Gruppe „Bürgerwehr — MG hilft“. Die Gruppe gibt es bereits seit einem Jahr. Bislang wurden im Internet von ihr nur Fahndungsmeldungen der Polizei mit der Bitte um Mithilfe oder Vermisstensachen veröffentlicht. Auf der Straße gab es bis dahin nach Polizeierkenntnissen keine Aktivitäten. Doch nach der Vergewaltigung einer 15-Jährigen am Platz der Republik erschien plötzlich die Aufforderung eines Gruppenmitglieds, sich am Hauptbahnhof zu treffen. Die Polizei schritt sofort ein, sprach mit den Verantwortlichen.

„Wir wollen nicht, dass Bürger durch unsere Straßen patrouillieren. Das Gewaltmonopol liegt eindeutig beim Staat“, sagte Polizeipräsident Mathis Wiesselmann gestern. Solche Bürgerwachen seien gefährlich, auch weil sich — wie in Düsseldorf auch geschehen — häufig Rechtsextreme und Hooligans unter die Akteure mischen.

Deshalb sei man sofort präventiv tätig geworden, erklärte Wiesselmann. „Bürgerwehren vermitteln ein Gefühl von Sicherheit, die sie aber gar nicht gewährleisten können“, sagte der Polizeipräsident. Das Tragen von Waffen sei für sie sowieso tabu. Im Notfall helfe nur, die 110 zu wählen.

Die Initiatoren seien einsichtig gewesen. So etwas liege nicht in ihrem Interesse, habe sie erklärt, und versprochen, die Facebook-Seite vom Netz zu nehmen, sagte Wiesselmann. Wie er erklärte, seien in der Gruppe überwiegend ganz normale Menschen.

Daran hätten auch die die Geschehnisse in der Silvesternacht in Köln nichts geändert — wohl aber die Vergewaltigung am Platz der Republik. Tatsächlich gab es danach noch einen deutlichen Schwung neuer Mitglieder für die geschlossene Gruppe an „MG hilft“. Gestern waren auch solche darunter, die in ihrem Profilbild das Emblem 81 zeigten. 81 steht für die Rockergruppe Hells Angels.

Mathis Wiesselmann, Polizeipräsident

Das zweite Problem: Es gibt noch eine zweite Gladbacher Bürgerwehr-Facebook-Gruppe. Und auf die hat der Staatsschutz ein besonderes Auge geworfen. Denn in der geschlossenen Facebook-Gruppe sind Menschen vertreten wie beispielsweise der Pro-NRW-Ratsherr Dominik Roeseler, der auch durch seine Auftritte mit den „Hooligans gegen Salafisten“ für Aufsehen sorgte, Mitglieder der Fußball-Ultraszene, Männer, die sich im Profilbild mit Waffen zeigen, oder solche, die vermummt sind. Und von genau dieser Bürgerwehr hatten sich schon einige Mitglieder unter die Gruppe „Mönchengladbach hilft“ gemischt.

Mit in der zweiten Mönchengladbacher Bürgerwehr-Gruppe, die es erst seit ein paar Tagen gibt, ist auch die Initiatorin der rechtspopulistischen, Pegida-nahen Bürgerbewegung „Mönchengladbach steht auf“. Auf deren Facebook-Seite werden täglich fremdenfeindliche Kommentare gepostet. Zu einem Film über den Mönchengladbacher Fahrradverleih für Flüchtlinge schreiben die Betreiber der Seite beispielsweise: „Neu in MG: Bist Du ein Flüchtling, dann bekommst Du ein Fahrrad. Dies dürfte besonders die importierten, kulturfremden Frauenschänder freuen, schließlich haben sie jetzt noch mehr Mobilität und damit neue Jagdbeute.“

Strafrechtlich relevant ist dieser Kommentar zwar nicht — laut Staatsanwaltschaft fällt das noch unter „freie Meinungsäußerung“. Doch vorurteilsfrei kann man solche Sätze wohl kaum nennen. Zumindest erwartet man solche Kommentare nicht von einer Gruppe von Menschen, die immer betonen, sie seien keine Rassisten, sondern nur „besorgte Bürger“.