Festival "Living Art": Gladbacher verziert Bangkoks Straßen

Gregor Wosik ist Teilnehmer des Festivals „Living Art“, das derzeit in Thailand stattfindet.

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Bangkok/Mönchengladbach. Bei Gregor Wosik aus Mönchengladbach posieren Zuschauer mit der Hand an einem echten Seil und können so tun, als würden sie einen Eimer voller Geld aus den Tiefen einer Schatzkammer ziehen — dieses Bild wirkt täuschend echt. Wosik hat sozusagen die Straße aufgerissen.

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Am Abgrund stehen und doch nicht fallen, so lässt sich beschreiben, was derzeit in Bangkok zu sehen und zu erleben ist. Straßenmalereien in 3D-Form mit perfekter optischer Täuschung macht den virtuellen Blick in fantastische Welten möglich. Bei einem Festival in der Hauptstadt Thailands zeigen Künstler auch vom Niederrhein, wie es geht.

Eine Art Superman mit gewaltigen Muskeln wuchtet sich aus einer Straßenschlucht empor. Schaulustige können von der Dachkante aus direkt in den Abgrund starren oder sich über ein paar Steinfragmente hüpfend in Sicherheit bringen. Das alles sieht auf Fotos täuschend echt aus - in Wirklichkeit handelt es sich um ein mehr als zehn Meter langes Straßenbild - die perfekte optische Täuschung. Geschaffen hat es Straßenmalerin Marion Ruthardt aus Duisburg, die am „Living Art“-Festival unter dem Motto „Schatzsuche“ teilnimmt.

Ihre tiefe Straßenschlucht liegt in luftiger Höhe: Auf einer überdachten Fußgängerbrücke über der Straße. „3D-Bilder sind voll im Trend“, sagt Ruthardt. „Veranstalter wollen gerne etwas Interaktives.“

Das zieht nämlich Publikum an: Die virtuellen Bilder laden zu allerhand Spaßfotos ein. Da stehen Leute mit angstverzerrtem Gesicht am „Rand einer „Schlucht“ oder tun so, als würden sie über ein schmales Drahtseil balancieren. Auf dem Foto sieht das alles täuschend echt aus.

Die Kalifornierin Tracy Lee Stum hat zu ihrem Bild „Tempel der Totenköpfe“ eine eigene App entwickelt, wie sie erzählt. Auf dem Handy-Display „bröckeln“ dann sogar noch Steine und ein Wirbelwind packt den Besucher, der im Bild steht.

„Wir wollen Kunst herbringen, die Thailänder sonst nicht zu sehen bekommen“, sagt Paranee Merakate, Sprecherin des Mitveranstalters Nannapas Publisher. Thailand Tourismus und der Verband der Geschäfte im Ratchaprasong-Bezirk fördern das Festival. Die Gegend mitten im Einkaufsviertel war dieses Jahr Schauplatz politischer Demonstrationen. Das Kunstfestival, zudem auch „lebende Statuen“ und Klebeband-Künstler kommen, soll das Image wieder aufmöbeln.

Straßenmalerei in 3D sei höchst gefragt, sagen Ruthardt und Wosik unisono. Oft beauftragen Firmen die Künstler, ein Werk zu schaffen, in dem das Logo der Firma auftaucht. Für sie ist die Verbreitung der lustigen Fotos in sozialen Netzwerken prima Reklame. Die Künstler bekommen zwischen 300 und 500 Euro am Tag.

Tut es nicht weh, wenn so ein Werk nach zwei, drei Wochen durch Wetter und Daraufherumtrampeln vergeht? „Der Weg ist ja das Ziel“, sagt Ruthardt. „Ich habe im Keller zig Leinwände, die nie jemand sieht. Diese Kunst schauen die Leute wenigstens an.“

Die Kalifornierin Stum mag gerade das Vergängliche: „Es ist wie bei einem Konzert, man soll das Emotionale mitnehmen — warum soll man sich am Kunstwerk selbst festklammern?“