Fußgänger stirbt bei illegalem Autorennen

Ein 38-Jähriger wurde auf der Fliethtraße Opfer eines illegalen Rennens. Einer der Beteiligten ist seither flüchtig.

Der Polizeiwagen hält neben den aufgesprühten Markierungen auf der Fahrbahn. Zwei Kriminalbeamte steigen aus, sie untersuchen am Sonntagmorgen noch einmal den Ort auf der Fliethstraße, wo in der Nacht zu Samstag ein 38-Jähriger bei einem illegalen Autorennen tödlich verletzt worden ist. Ein Anwohner beobachtet die beiden Beamten, er schüttelt immer wieder den Kopf. „Wir kriegen es immer wieder mit, wenn hier nachts die Motoren aufheulen“, sagt der Mann. So auch am Freitag um kurz nach 23 Uhr, als sich zwei Männer ein Rennen durch Teile der Innenstadt lieferten, sich in waghalsigen Manövern gegenseitig zu überholen versuchten — bis es schließlich auf der Fliethstraße zu dem folgenschweren Zusammenstoß mit dem 38 Jahre alten Fußgänger kam.

Ein 28-Jähriger aus Schwalmtal, der den Fußgänger mit seinem schwarzen Seat Cupra (180 PS) erfasst hatte, wurde vorläufig festgenommen und nach seiner Vernehmung wieder auf freien Fuß gesetzt, weil keine Fluchtgefahr bestehe. Ihn erwartet ein Strafverfahren, der Vorwurf lautet zunächst auf fahrlässige Tötung. Der Fahrer des zweiten Fahrzeugs flüchtete hingegen und war bis zum Abend nicht gefasst.

Foto: Stephan Schellhammer (2)/Theo Titz
Tödliches Autorennen in Mönchengladbach: Unfall vor Ort rekonstruiert
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Die Polizei richtete eine 20-köpfige Sonderkommission „Raser“ unter der Leitung von Hauptkommissar Ingo Thiel ein. Die Beamten vernahmen Zeugen, werteten Videomaterial aus und fahndeten mit Hochdruck nach dem flüchtigen Fahrer eines silbernen Seat mit einem Kennzeichen aus Viersen (VIE) oder Kempen-Krefeld (KK). In einer ersten Meldung hatte es noch geheißen, es handele sich um ein Gladbacher Kennzeichen. Die Polizei sucht weitere Zeugen, unter anderem den Fahrer eines dunklen Kombis, der an der Ampel zur Theodor-Heuss-Straße stand. Der Fahrer stehe nicht im Verdacht, an dem Rennen beteiligt gewesen zu sein, könnte aber wichtige Hinweise liefern.

Das Autorennen hatte ersten Ermittlungen zufolge bereits auf der Korschenbroicher Straße begonnen. Mit hoher Geschwindigkeit rasten die beiden Fahrzeuge weiter in Richtung Fliethstraße. Der flüchtige Fahrer des silbernen Seat fuhr dabei laut Polizei in der Mitte der beiden Fahrspuren. Dabei scherte der hinter ihm fahrende 28-Jährige mit seinem schwarzen Seat nach links auf die Gegenfahrbahn aus, um ihn zu überholen. Dort erfasste er dann den 38-Jährigen. Spekulationen des „Express“, wonach die Autos mit Tempo 160 durch die Stadt rasten, bestätigte die Polizei gestern nicht.

„Ich hatte schon geschlafen. Als ich das alles aber hörte, habe ich nur gedacht: Verdammt, was ist da los?“, berichtet der Nachbar. Ein anderer Mann ist am Morgen aus Betroffenheit zum Ort des Geschehens gekommen. „Ich bin Lkw-Fahrer, und meine größte Sorge ist immer, ich könnte jemanden übersehen“, sagt er. „Wie kann man in Kauf nehmen, einen unschuldigen Menschen schwer zu verletzen oder zu töten?“ An einer Häuserecke sind Blumen abgelegt mit einer Kerze, auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht ein Holzkreuz für den getöteten Mann, der ganz in der Nähe wohnte.

Die Betroffenheit in Mönchengladbach ist groß. Überall ist das illegale Rennen mit tödlichen Folgen Gesprächsthema. Schon vor Wochen soll im Polizeibeirat auf Anregung eines Mitgliedes über Raser und darüber, wie man sie stoppen kann, gesprochen. Zuletzt hatte es Mitte April einen Unfall bei einer illegalen Wettfahrt auf einem Parkplatz an der Volksbadstraße gegeben. Damals war ein Insasse leicht verletzt worden.

Wie Polizeisprecher Jürgen Lützen erklärt, gibt es auch in Mönchengladbach Hinweise auf illegale Rennen, denen die Beamten dann auch nachgingen: „Aber vergleichbare Probleme wie in anderen Städten haben wir damit eigentlich nicht.“

Auf der Fliethstraße ist es aber schon häufiger zu Beschwerden gekommen. Ein Anwohner schrieb in einer E-Mail vom 12. April 2015 an die Stadt, dass sich das verordnete Tempolimit von 40 Stundenkilometern kaum auf das Fahrverhalten „einiger Halbstarker ausgewirkt“ habe. Insbesondere jüngere Fahrer würden regelmäßig diesen Bereich mehrfach nachts mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit passieren. Der Verfasser der E-Mail regt an, über die Installation weiterer Radarfallen nachzudenken. Dies soll auch Thema in der nächsten Sitzung des Polizeibeirates sein, sagte dessen Vorsitzender Frank Boss. Man werde darüber sprechen müssen, welche Maßnahmen man treffen könne. Dazu gehörten etwa Radarfallen wie auch eine weitere Ausweitung der zahlreichen Kontrollen. Die Linken, die dieses Thema mit einer Anfrage auch angestoßen hatten, begrüßen das. „Es ist sehr traurig, dass dieses Problem überall bekannt ist. Es ist nicht einfach, eine Lösung zu finden“, sagte der Linken-Fraktionschef Torben Schultz. „Aber man muss es jetzt thematisieren.“