Sexualmord: Angeklagter verliest Erklärung

Der 68-jährige Rentner sagte, dass er und seine Lebensgefährtin heiraten wollten.

Foto: Reichartz

Handschriftlich hatte der 68-jährige festgehalten, was er gestern im Prozess sagen wollte. Die Erklärung des Mannes, der seine 55-jährige Lebensgefährtin in der Nacht vom 6. auf den 7. November so schwer sexuell missbraucht haben soll, dass sie innerlich verblutete, kam überraschend. Der wegen Sexualmordes angeklagte Rentner sprach über sein Leben, seine Liebe und die Tat. „Ich habe bis heute nicht begriffen, was in jener Nacht passiert ist. Ich weiß nicht, wie ich mit diesen schrecklichen Geschehnissen weiterleben soll“, sagte er. Und er wisse, dass es keine Entschuldigung gebe.

Als der Wickrather die 55-Jährige kennenlernte, habe er sich in einer Umbruchphase befunden. Seine zweite Ehefrau war an Krebs gestorben, er selbst hatte drei Herzoperationen hinter sich und fühlte sich als Rentner sehr allein in dem Haus, obwohl er viele Freunde gehabt habe. Schon beim allerersten Gespräch mit der 55-Jährigen „hat es so gefunkt, wie ich es nie erlebt habe“, berichtete der Angeklagte. Er sei aufgeregt gewesen wie ein Teenager. „Ich war glücklich, als sie bei mir einzog. Wir haben über die Zukunft gesprochen. Ich habe sie gefragt, ob sie mich heiraten will, und sie hat sofort ja gesagt. Einen Termin hatten wir auch schon, den 30.5.2017, ihren Geburtstag“, sagte der 68-Jährige.

Der Mann, der über 50 Jahre bei einer Firma arbeitete und dort zuletzt für den weltweiten Messeservice verantwortlich war, berichtete davon, dass er auf seinen langen Reisen auch Sexualkontakte hatte, „aber I. hat mir ganz neue Dimensionen gezeigt“, erklärte der Angeklagte, der von Freunden und Nachbarn stets als zurückhaltend und nett beschrieben wurde. Die Lebensgefährtin habe dem 68-Jährigen gesagt, dass sie es schön fände, wenn er sie härter anpacken würde. Das Paar sei sehr aktiv gewesen, habe Dinge ausprobiert. Aber zu keiner Zeit habe einer gesagt, dass er nicht weiter wolle.

An dem Abend, bevor es zu der Bluttat kam, hatten der 68-Jährige und seine Lebensgefährtin in einem Lokal gefeiert. „Wir haben getrunken wie immer. Ich habe drei Tequila mitgetrunken, und sicherlich hatte ich mehr als die zehn Bier auf meinem Deckel, denn es wurden auch viele Runden geben“, sagte der Angeklagte. An vieles habe er keine Erinnerung mehr. Es gebe diffuse Bilder von einer Taschenlampe und einem Zollstock. Schon öfter hätte der Rentner seiner Lebensgefährtin mit einem Stock auf Beine, Bauch und Po geschlagen. „Aber wir waren immer sehr vorsichtig. Ich habe auch in dieser Nacht nichts gemacht, was ich als Gewalt in Erinnerung habe.“ Irgendwann habe der 68-Jährige Flüssigkeit an seiner Hand gespürt. Erst da habe er das Licht angemacht. „Vielleicht habe ich da gedacht, dass sie tot war. Ich wollte es aber nicht wahrhaben und habe das Licht wieder ausgemacht.“ Sachverständige, die den Tatort untersuchten, hatten ein regelrecht blutgetränktes Zimmer vorgefunden. Mit deutlicher und fester Stimme verlas der Angeklagte gestern die Erklärung, und auch bei folgenden Worten war nur andeutungsweise ein leichtes Zittern zu erkennen: „Ich weiß, dass ich für den Tod von I. verantwortlich bin. Aber Verletzung und Tod waren niemals in meinem Sinn. Ich wollte mit ihr glücklich sein.“

Der Prozess wird fortgesetzt. Die Anträge des Angeklagten, die Sachverständigen wegen Befangenheit abzulehnen, sind gestern vom Gericht abgelehnt worden.