Haushalt: Schlechtes Zeugnis für die Stadt
Wirtschaft: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hält die Rettungs-Pläne für den Haushalt für „unausgewogen“.
Mönchengladbach. Das aktuelle Sparkonzept der Stadtverwaltung hält die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein für "unausgewogen" und die darin vorgeschlagenen Steuererhöhungen für "unverantwortlich" und "sehr gefährlich". Das hat sie in einer Stellungnahme Gladbachs Oberbürgermeister Norbert Bude und Stadtkämmerer Bernd Kuckels mitgeteilt.
Es geht um den aktuellen Entwurf des Doppelhaushalt 2010/2011 und das Haushaltssicherungskonzept, also die gesammelten Pläne, wie man wo Geld ausgeben, Geld sparen beziehungsweise einnehmen will. Es gibt eine Sparliste mit 173 Ansatzpunkten für den Rotstift.
Im Etat 2010 fehlen 172,8Millionen Euro, 2011 sind es rund 171 Millionen Euro. Die Stadt ist in den Miesen, ihr droht nach eigenen Angaben die Überschuldung spätestens im Jahr 2016.
Der von der IHK mit der Analyse beauftragte Professor der Hochschule Niederrhein, Harald Schoelen, kommt zu dem Ergebnis, dass die Stadt nach derzeitiger Planung 2015 bilanziell überschuldet sein wird. "Dann wird die Stadt faktisch handlungsunfähig", sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer Dieter Porschen, "die Lage ist dramatisch."
Gleichzeitig wendet sich die Kammer aber gegen den Vorschlag der Verwaltung, die Hebesätze für Gewerbesteuer zu erhöhen. Die Unternehmen leisteten mit fast 120Millionen Euro Gewerbesteuer, die sie zahlten, bereits einen "großen Beitrag" für die städtischen Einnahmen. Der nach der Wirtschaftskrise gerade beginnende Aufschwung werde "sofort wieder abgewürgt", so Porschen.
Eine zusätzliche Belastung der regionalen Wirtschaft schwächt laut Kammer auf Dauer den Standort. Als Folge befürchtet die IHK Abwanderungen auf der einen und sinkende Neuansiedlungen auf der anderen Seite.
"Unausgewogen" sei es, dass "ein Großteil der Last Bürger und Unternehmen durch höhere Abgaben leisten müssen", so IHK-Präsident Heinz Schmidt. "Die internen Sparbemühungen der Verwaltung fallen dagegen eher dürftig aus."
Oberbürgermeister Norbert Bude kann die Kritik an Steuererhöhungen aus Sicht der Wirtschaft zwar verstehen. "Wir tun es nicht gerne. Aber wir reagieren nur auf die Ansage der Bezirksregierung, das tun zu müssen." Entscheiden müsse die Politik. Die Stadtrats-Mehrheit aus SPD, FDP und Grünen hatte zuletzt bereits ein Nein zu Steuererhöhungen kundgetan.
Der Hinweis der IHK, alle Aufgaben der Stadt genauer unter die Lupe zu nehmen, will Bude so nicht akzeptieren. "Die IHK weiß, dass 90Prozent unserer Aufgaben Pflichtaufgaben sind und die Einsparmöglichkeiten begrenzt."
Der Oberbürgermeister begrüßt allerdings, dass die IHK auch heraushebe, dass Mönchengladbach alleine nicht aus den Schulden herauskommen könne. Porschen sagte, die IHK unterstütze die Stadt politisch in der Forderung, dass Kommunen unter Nothaushaltsrecht vom Solidarpaktzuschlag und der Finanzierungsbeteiligung zum Fonds Deutsche Einheit befreit werden. "Es ist ein Unding, dass Städte wie Mönchengladbach auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung die Kosten tragen müssen und dafür zusätzliche Kredite aufzunehmen haben."