In der Awo rumort es mächtig
Mitarbeiter des großen Verbandes sprechen von Mobbing, Prozessen und schlechtem Klima.
Mönchengladbach. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) ist ein großer Verband, der sich kümmert. Vor allem um Mitmenschen. In ihren Leitsätzen spricht sie davon, „mitzuwirken, den demokratischen, sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen“. Für Frank Robert Dücker klingt das wie Hohn. „Ich wäre schon zufrieden, wenn die Gladbacher Awo Tarifstandards für ihre vielen Mitarbeiter bieten würde“, sagt er.
Dücker ist Verdi-Sekretär und mit der Materie sowie den Vorgängen gerade bei der Awo vertraut. Hier sprechen Mitarbeiter gegenüber der WZ von Mobbing, mehreren Arbeitsgerichtsverfahren und schlechtem Klima bei dem Wohlfahrtsverband. Ihre Namen möchten sie nicht in der Zeitung lesen. Uwe Bohlen, Awo-Vorstand und verantwortlich für den Verband mit vier Gesellschaften und rund 330 Beschäftigten, sagt: „Wir sind im Umbruch, da ist nicht jeder zufrieden.“ Bohlen, auch als SPD-Ratsherr aktiv, räumt ein, dass es „hier und da Probleme gibt“.
Dücker wird deutlicher. Es gebe weder einen Betriebsrat bei der Awo noch eine tarifliche Bezahlung. Während die meisten Awo-Verbände ihre Beschäftigten nach dem Extra-Tarif „Awo NRW“ entlohnten, lehne Bohlen das für seine Mannschaft ab. Das Tarifwerk „Awo NRW“ ist vergleichbar mit der Bezahlung im öffentlichen Dienst. Verdi-Bemühungen, die finanzielle Situation der Beschäftigten zu verbessern, seien trotz mehrerer Anläufe gescheitert, hadert Dücker.
Offenbar kann Bohlen schalten und walten, wie er will. Ein Beispiel: Vor Weihnachten meldeten sich laut Dücker zahlreiche Beschäftigte bei ihm. Sie seien empört gewesen, dass sie vom Arbeitgeber aufgefordert wurden, bei Schneefall vor den jeweiligen Einrichtungen den Räumdienst zu übernehmen. Dücker: „Diese Leute hatten Urlaub, trotzdem sollten sie sich für die Bereitschaft in Listen eintragen. Mit einem Betriebsrat hätte es das nicht gegeben.“
Zweites Beispiel: Eine Mitarbeiterin erhielt eine Änderungskündigung. Ohne Begründung. Sie habe gewagt, an einer kurzfristig von Bohlen angesetzten Besprechung außerhalb ihrer Arbeitszeit trotz Entschuldigung nicht teilzunehmen. Schließlich sei sie alleinerziehend und müsse ihr Kind von der Betreuung abholen. Als es dann die fristlose Kündigung gab, habe man der jungen Mutter „kleinste Kleinigkeiten“ vorgeworfen, sagt eine Awo-Angestellte. So hätte die Betroffene „Vogelsand“ mitgehen lassen. . .
Im von der Frau angestrengten Arbeitsgerichtsverfahren ließ sich die Awo erneut von der Anwältin Barbara Gersmann vertreten. Die SPD-Frau ist die Lebensgefährtin von OB Norbert Bude (SPD). Und der sitzt wie CDU-Fraktionschef Hans-Peter Schlegelmilch mit im Präsidium der Gladbacher Awo.
Das Ganze endete mit einem Vergleich. Die Frau habe die Nase voll gehabt von Bohlen & Co. Sie arbeitet jetzt bei der Stadtverwaltung. Nicht abgeschlossen sind ein angeblicher Mobbing-Fall in der Awo-Zentrale Brandenberger Straße 3-5.
Unklar sind einige Prozess-Ausgänge. Uwe Bohlen spricht hier lediglich von „Mitarbeitern, die ihre Vertrauensposition missbrauchten“. Ihnen habe man kündigen müssen. Ob bei Kindergärten oder sozialen Projekte wie die „Soziale Stadt Rheydt“ — die Awo ist bei der Stadt gern gesehener Vertragspartner. Das betonen Sozialdezernent Michael Schmitz (CDU) ebenso wie Bohlens Parteifreund Bude immer wieder.