„Jetzt werden wir Weltmeister“
WM: Nicht nur beim Rudelgucken in Schloss Rheydt herrschte eine super Stimmung.
Mönchengladbach. Der Jubel kennt keine Grenzen - nach dem Schlusspfiff tanzen die Fans auf Bänken und Tischen. Soviel begeisterte Gesänge haben die alten Mauern von Schloss Rheydt schon lange nicht mehr gehört. Das grandiose Spiel der deutschen Mannschaft gegen Argentinien wird von einigen hundert gutgelaunten Fans im Innenhof von Schloss Rheydt frenetisch gefeiert.
Wer dabei sein will, muss sich rechtzeitig auf den Weg machen. Um viertel vor vier, fünfzehn Minuten vor dem Anpfiff des Spiels, werden die Tore von Schloss Rheydt dicht gemacht. Mehr Fans dürfen erst mal nicht hinein.
Die Bänke im Innenhof vor der Großbildleinwand sind schon lange besetzt, vor dem Getränkestand hat sich eine Schlange gebildet. "Die ersten Fans kommen um 12Uhr", sagt Frank Kilz, Besitzer des Restaurants Purino, das das Public Viewing veranstaltet. 200 Hektoliter Bier hält er für die durstigen Kehlen bereit, aber wegen der großen Hitze halten sich doch viele lieber an Wasser und Alkoholfreies.
Die Stimmung ist schon vor dem Anpfiff gut. "Don´t cry for me, Argentina" intonieren die Fans und fragen stimmgewaltig "Wenn nicht wir, wer dann?" Natürlich sind auch viele weltmeisterlich ausgerüstet mit Trikots, Fahnen, schwarz-rot-goldenen Kappen, Tops oder Perücken.
Christian und Natalie Jansen sind mit Tochter Colleen gekommen. Zum ersten Mal bei dieser WM ist für sie Public Viewing angesagt. Die sechsjährige Colleen wagt keinen Tipp, aber ihr Vater ist für 2:1, die Mutter für 2:0. Marleen ist mit ihren 59 Jahren nicht die typische Rudelguckerin, aber für dieses Viertelfinale ist sie nach Schloss Rheydt gekommen. "Ich war schon mal mit der Familie hier und fand die Stimmung toll", erzählt sie. Außerdem habe sie das Serbien-Spiel zu Hause gesehen, und das ging ja verloren.
Dann geht es endlich los und während drinnen die Fans schon nach drei Minuten das erste Tor bejubeln dürfen, gehört der Wald in den nächsten anderthalb Stunden den Tieren. Vor den Mauern herrscht Ruhe, im Innenhof kann auch der während der ersten Halbzeit einsetzende Regen den Zuschauern die Laune nicht verderben. "Wenn Deutschland gewinnt, ist der Regen egal", meint Uwe, der mit Piratentuch, Trikot, Tröte und Schweißband in den Nationalfarben angemessen ausgestattet ist. Er setzt allerdings darauf, dass das 1:0 der ersten Halbzeit auch das Endresultat ist.
Doch er wird eines Besseren belehrt: dreimal noch dürfen die Gladbacher Fans jubeln, dass die Wände wackeln. "Jetzt werden wir Weltmeister", meint ein restlos begeisterter Uwe.
Während sich die Rudelgucker von Schloss Rheydt häufig auf Fahrrädern und mit wehenden Fahnen auf den Heimweg machen, bildet sich auf der Friedrich-Ebert-Straße der erste Autokorso - da helfen alle Mahnungen der Polizei nichts. Begeisterte Fans hängen aus Autofenstern oder stehen in offenen Wagen und feiern den historischen Sieg gegen Argentinien.