Kriminalität: Weniger jugendliche Straftäter in Gladbach
Hilfen vom Jugendamt zur Erziehung werden oft angenommen.
Mönchengladbach. Das demolierte Auto einer Mönchengladbacher Schulleiterin sorgte im Februar für Aufregung. Mittlerweile ist der Täter festgenommen. Er ist 15 Jahre alt und einer der besonderen Fälle in einer speziellen Polizei-Statistik. Bereits 17-mal ist er im vergangenen Jahr aufgefallen. Seine kriminelle Karriere reichte von Körperverletzungen bis hin zu bewaffneten Raubüberfällen.
Auch für Ulrich Flocken, Leiter der Direktion Kriminalität bei der Gladbacher Polizei, ist dieser Fall ein besonders krasser. Gleichzeitig ist Flocken allerdings stolz, dass „die Zahl der Kinder und Jugendlichen als Täter weiterhin rückläufig ist“. Die Polizei-Bilanz für 2010, die Flocken jetzt zog, bringt es an den Tag.
„Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung gibt es besonders bei den Raubstraftaten einen deutlichen Rückgang.“ Unter den 77 ermittelten Tatverdächtigen waren noch knapp die Hälfte Jugendliche und Kinder, im Vorjahr waren es noch 63 Prozent gewesen.
Das gemeinsame Projekt von Staatsanwaltschaft, Jugendamt und Polizei für jugendliche Intensivtäter, kurz JIT, zeige Wirkung, sagt Flocken. Seit 2003 versucht man mit diesem Programm, junge Menschen von der schiefen Bahn zu bringen. Inzwischen gibt es noch 15 Kandidaten, die die Bedingungen erfüllen, um in das Programm zu kommen.
25 Plätze gibt es insgesamt. Aufgenommen wird, wer in mindestens zwei Jahren mit mehr als fünf Straftaten aufgefallen ist und ein Persönlichkeitsprofil hat, das es wenig wahrscheinlich erscheinen lässt, dass er sich „am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht“, wie Flocken es nennt.
Oft stammen die Jugendlichen aus Familien, wo die Eltern entweder selbst straffällig oder süchtig sind. Einmal im Quartal treffen sich die Gremien, um die Kandidaten zu besprechen, alte, geläuterte aus dem Programm zu entlassen und neue aufzunehmen. Die Streifenpolizisten und Bezirksbeamten kennen diese Jugendlichen mit Namen, kontrollieren sie auf den Straßen, sprechen sie auch ohne Grund an und holen sie aus der Anonymität der Großstadt.
Das hat nach Ansicht der Polizei zwei Effekte: Statt sich bei den Kameraden mit seinen kriminellen Taten brüsten zu können, finden die es eher lästig, wenn sie mit in solche Kontrollen geraten. Die Täter sehen sich zunehmend isoliert, statt andere für ihr Tun zu begeistern. Außerdem kommt es schneller zu Festnahmen.
Als im November 2006 ein Taxifahrer in Odenkirchen mit einem Baseball-Schläger attackiert und beraubt wurde, fand man innerhalb von drei Tagen die Schuldigen im Kreis der jugendlichen Intensivtäter und konnte sie dingfest machen.
„Das beeindruckt die Cliquen“, meint Flocken. „Einige überlegen es sich dann anders. Das Jugendamt bietet den Familien Hilfen zur Erziehung. „Die werden dann auch angenommen“, sagt Flocken. Sonst sehe man das Jugendamt in solchen Kreisen durchaus als Feind.
Die Staatsanwaltschaft sorge mit einer zügigen Anklageerhebung dafür, dass die Strafe möglichst auf dem Fuß folgt — womit der „optimale erzieherische Nutzen“ erzielt werden soll.