Leben retten, wenn andere feiern

René Hartmann ist einer der Leute im Hintergrund, die doch für viele so wichtig sind. Er ist mit seinen Kollegen vom Roten Kreuz bei Notfällen im Einsatz.

Mönchengladbach. Manchmal sagen die Karnevalisten „Schöne Verkleidung“, wenn sie René Hartmann und seine Kollegen vom Roten Kreuz beim Karneval in ihrer Einsatzkleidung sehen — bei Veranstaltungen in Hallen und Sälen ist es Pflicht, dass ein Sanitäter vor Ort ist. Häufig zum Glück, denn bei den rund 350 Einsätzen im Jahr auf Großveranstaltungen retten sie so manches Leben.

So wie im vergangenen Jahr in einem Festzelt. Hartmann kam weit vor Beginn an, hatte gerade den Motor ausgestellt, da meldete der Kollege schon: „Wir haben eine Reanimation.“ Der 22-Jährige alarmierte noch den Notarzt über die Funkzentrale, dann schnappte er sich Notfallkoffer und Defibrillator aus dem Rettungswagen und spurtete los. Leblos fand er den Mann auf dem Boden. Ein Kollege hatte schon mit der Herzdruckmassage begonnen, die das das Blut weiter zirkulieren lässt.

Hartmann legte dem Mann die Maske des Beatmungsbeutels aufs Gesicht, um das Blut mit Sauerstoff anzureichern. „Wenn das nicht passiert sinken mit jeder Minute die Überlebenschancen um zehn Prozent und die neurologischen Schäden durch die mangelnde Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff nehmen zu.“

Lange hielt keiner der Sanitäter die kraftraubende Massage durch. Wieder und wieder mussten sich die vier schweißgebadet abwechseln. „Das war sehr schwierig. Der Mann lag hinter der Theke, da war kein Platz und weder Massage noch Beatmung dürfen einen Augenblick unterbrochen werden.“ Einer der anwesenden Einsatzkräfte war Rettungsassistent und konnte schon eine Infusion, Medikamente und einen Beatmungsschlauch vorbereiten, die der Notarzt, als er eintraf, nur noch verabreichen musste.

Inzwischen hielt die Polizei die Schaulustigen auf Abstand. 33 Minuten kämpften die Retter um das Leben des Mannes, immer wieder wurden mit dem Defibrilator Elektroschocks gegeben, bis auf dem Monitor wieder ein Herzschlag zu sehen war. „Dann konnte er abtransportiert werden.“ Die Veranstaltung in dem Festzelt konnte beginnen und die Helfer des DRK taten noch bis zwei Uhr ihre Pflicht. „Ein Freund des Mannes hat uns später mitgeteilt, dass er den Herzstillstand überstanden hatte“, erzählt Hartmann. „Normalerweise denkt man später ständig nach, ob man etwas besser hätte machen können. Schwierig, wenn man nicht weiß, wie es ausgegangen ist.“

Brenzlig wird es für die Sanitäter auch etwa, wenn sie jemandem helfen sollen, der bei einer Schlägerei zu Boden geht. „Wir checken dann, ob die Lage entspannt ist“, erzählt er. Meist sorgt die Polizei dafür, dass der Kontrahent Ruhe gibt. „Aber einmal habe ich mich mit einer Kollegin über den Verletzten gebeugt und noch aus den Augenwinkeln einen Biertisch auf uns zufliegen sehen.“ Der wurde aber von Sicherheitsleuten im Zelt abgefangen.

Daran gedacht, den Dienst zu quittieren, den er mit 16 Jahren begann, hat er nie. Inzwischen ist er neben seiner Funktion als Zugführer auch im Vorstand des DRK Neuwerk als Bereitschaftsleiter aktiv. Und auch in Zukunft will er etwa beim Karneval seinen Beitrag im Hintergrund leisten: „Karneval ist ein friedliches Fest, das soll weiterhin gefahrlos gefeiert werden.“