Mediatoren arbeiten erfolgreich
Richter vermitteln auch außerhalb von Verfahren zwischen Streitenden - mit 80 Prozent Erfolgsquote.
Mönchengladbach. Normalerweise fällt Lothar Beckers Urteile in Prozessen, in denen es um Verbrechen wie Mord und Totschlag geht. Doch vier- bis sechsmal im Jahr befasst sich der Richter am Landgericht Mönchengladbach als Mediator mit ganz anderen Sachverhalten: Streitereien ums Erbe, Kleinkriegen unter Nachbarn, Ärger zwischen Bauherren und Architekten, zum Beispiel.
In diesen Mediationsverfahren werden Rechtsstreitigkeiten laufender Prozesse behandelt. Beckers’ Aufgabe ist es dabei nicht, Urteile zu fällen - sondern zwischen den Parteien zu vermitteln, bis sie sich einigen. Das soll Zeit, Kosten und Arbeitskraft sparen.
„In der Regel dauert eine Mediation zwei bis drei Stunden“, sagt er. Ist die Sitzung erfolgreich, also einigen sich die Parteien, wird damit auch der Prozess beendet. Die Erfolgsquote liege bei rund 80 Prozent, sagt Martin Alberring, Richter und Pressesprecher am Landgericht. So würden sich Richter, Anwälte und Mandanten mitunter drei Jahre dauernde Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen ersparen, erläutert er. Das ist einer der Gründe dafür, dass die - für die Parteien kostenlose - Mediation dort jetzt stärker in den Fokus rücken soll. Die geeigneten Fälle filtern unter anderem Richter und Anwälte laufender Prozesse heraus.
„Derzeit haben wir neun Mediatoren“, sagt Alberring. Sie alle sind Richter und haben eine mehrwöchige Zusatzausbildung zum Mediator gemacht. Seit 2010 bietet das Landgericht Mediation an, jedes Jahr werden neue Richter fortgebildet. Auf dem Lehrplan stehen Themen wie Streitschlichten, Win-Win-Situationen herbeiführen, Kommunikation und aktives Zuhören.
In den Mediationsverfahren sind Lothar Beckers und seine acht Kollegen als Güterichter eingesetzt: Gemeinsam mit den beiden Parteien und deren Anwälten, die dabei sein müssen, versuchen sie den Konflikt zu lösen. Am Schluss protokollieren die Güterichter einen gerichtlichen Vergleich.
Können sich die Parteien nicht einigen, läuft das Gerichtsverfahren weiter - doch alles, was in der Mediation besprochen wurde, hat darauf keinen Einfluss. So dürfen etwa die Mediatoren im Prozess nicht als Zeugen auftreten. Ausgeschlossen ist übrigens auch, dass sie in einem Fall zugleich als Mediator und entscheidender Richter im Gerichtsverfahren eingesetzt werden.
Lothar Beckers ist seit 2010 Mediator, seine Kollegin Christina Schreiner leitet seit Anfang 2014 Mediationsverfahren. „In der Mediation treten rechtliche Maßstäbe in den Hintergrund“, sagt die Richterin. „Die Parteien reagieren nicht, sie agieren und bestimmen das Ergebnis“, ergänzt Beckers. Der Mediator versucht dabei herauszufinden, was der eigentliche Kern des Streites ist.
Denn oft gehe es gar nicht um den störenden Zaun oder die zu hohe Hecke, erläutert Christina Schreiner: „Es geht um versteckte Kränkungen, um persönliche Bedürfnisse.“ Die Parteien bekämen die Gelegenheit, „sich den Frust von der Seele zu reden“, sagt Lothar Beckers. Alle sitzen gemeinsam an einem runden Tisch, der Richter trägt keine offizielle Robe, sondern ganz normale Straßenkleidung, er serviert Kaffee und Plätzchen. „Das bricht das Eis“, erzählt Beckers.
Natürlich läuft nicht immer alles glatt, „es ist erstaunlich, was man hier manchmal zu hören bekommt“, ergänzt er. Dann schlichtet er, sorgt dafür, dass jeder einzelne ausreden kann — bis sich die Parteien im besten Fall am Schluss die Hände schütteln.