Mit Wolle die Stadt neu entdecken
Michaela Drosten, Leiterin der Kreativwerkstatt Atelyeah, hatte die Idee, einen Mantel für das Kriegerdenkmal zu stricken. Der Umhang ist weg, neue Aktionen sollen bald folgen.
Mönchengladbach. Familie und Freunde müssen keine Angst haben, dass sie zu Weihnachten mit selbst gestrickten Socken und Pullovern überschüttet werden. „Nein, so jemand bin ich nicht“, sagt Michaela Drosten lachend. Die 47-Jährige hat im Oktober die Kreativwerkstatt „Atelyeah“ eröffnet und wurde zuletzt vor allem durch eine ungewöhnliche Aktion bekannt — dem ummantelten Kriegerdenkmal am Schillerplatz.
Mit mehr als 100 anderen Strickbegeisterten knüpfte Drosten dem Soldaten, der an den ersten Weltkrieg erinnert, zum Gründerzeitviertelfest einen rauschend bunten Mantel. In der vergangenen Woche wurde der Umhang gestohlen. Kein Grund zur Trauer, sagt Drosten, die überrascht war, dass der Mantel überhaupt vier Wochen lang hing. Auch, dass schon vorher Stücke herausgeschnitten wurden, störte die gelernte Bekleidungsingenieurin nicht.
„Ich finde, dass es dem Betrachter überlassen ist, was er mit einem Kunstwerk anfängt. Erst recht, wenn es öffentlich ist“, sagt sie. Am wichtigsten sei es, Diskussionen anzuregen, und den Blick auf etwas Gewohntes neu auszurichten. „Das haben wir mit der Aktion am Kriegerdenkmal geschafft“, sagt Drosten. Viele Menschen, die gar nicht wussten, was die Statue bedeutet, hätten sich erkundigt und seien wieder aufmerksam geworden.
Das ist auch das Ziel der „Strickguerilla“ genannten Bewegung, für die Drosten sofort Feuer und Flamme war, als sie vor einiger Zeit das erste Mal von ihr hörte. Die Guerillas stricken und häkeln, um die Stadt zu verschönern oder Denkprozesse anzuregen: Wollverkleidungen für Laternen, Geländer, Bäume — alles, was sich in einer Stadt so findet.
Der Kriegermantel soll deshalb nicht die letzte Aktion aus dem Atelyeah sein. Ständig trägt die Mülheimerin, die in Eicken heimisch geworden ist, neue Ideen mit sich herum. „Wir arbeiten schon an etwas. Das wird was fürs Frühjahr. Bei schlechtem Wetter bringt es nichts. Vorher müssen wir uns mit den Eigentümern absprechen, sonst gehen solche Aktionen nach hinten los“, sagt sie. Deshalb kann sie noch nichts Konkretes verraten.
Es soll so spannend werden, wie sie es von ihrem Material denkt: Aus einfachen Dingen tolle Sachen zu machen, fasziniert sie. Farbe, Qualität oder Garnstärke seien so vielseitig, dass bei der Gestaltung alle Möglichkeiten offen stünden.