Hugo-Junkers-Gymnasium Juden erzählen Schülern aus ihrem Alltag
Mönchengladbach. · Junkers-Gymnasiasten hatten viele Fragen an Michael Chernyak und Sonja Silbermann.
„Wenn es uns gelingt, Vorurteile zu brechen, haben wir unser Ziel erreicht“, sagt der 17-jährige Michael Chernyak, Schüler aus Dortmund. Die 18-jährige Studentin Sonja Silbermann aus Köln ergänzt: „Wir freuen uns immer, wenn wir auf so aufgeschlossene Schüler treffen, wie hier.“ Die beiden diskutierten als Gäste am Hugo-Junkers-Gymnasium mit Neuntklässlern über ihr Leben als Juden in Deutschland. Eingeladen hatte sie der Geschichts- und Religionslehrer Dominik Zuk, an der Schule als Koordinator zuständig für das Programm „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Seit zehn Jahren gibt es das Programm; im Jubiläumsjahr hatte Zuk den Workshop „Entschieden dagegen. Kein Platz für Antisemitismus an Schulen“ ausgewählt.
Für den von der Deutschen Gesellschaft und dem Likrat-Projekt des Zentralrats der Juden unter dem Motto „Meet a Jew“ gestalteten Workshop war Rüdiger Traxler aus Berlin angereist, um zunächst mit den Schüler die geschichtliche Entwicklung des Antisemitismus’ und die Geschichte des Judentums zu erarbeiten. Beginnend vom Mittelalter über die NS-Zeit des bis hin zur Gegenwart ging die Zeitreise, die durchaus für Bestürzung und Entsetzen sorgte. „Es ist erstaunlich, wie groß das Interesse bei den Schülern an dem Thema Antisemitismus ist“, sagte der Referent für Kultur und Gesellschaft in dem überparteilichen Bürgerverein zur Förderung politischer, kultureller und sozialer Beziehungen in Deutschland und Europa. Inzwischen sind es 15 Workshops, die er bundesweit in Schulen durchführt: „Die Nachfrage bei den Schulen steigt von Jahr zu Jahr.“
Sonja Silbermann ist seit 2016 bei „Meet a Jew“ aktiv, ihr Kamerad Michael Chernyak macht seit 2018 mit. Beide stammen aus jüdischen Familien, die aus Russland nach Deutschland ausgesiedelt sind. Gerade einmal 0,24 Prozent beträgt der Anteil der Juden an der Gesamtbevölkerung in Deutschland. „Wir leben einen ganz normalen Alltag“, so schilderte sie ihr Leben. Das fängt in der Schule und an der Universität an, geht über das Vereinsleben und endet bei Freunden und Bekannten.
Zugleich machten sie den jungen Zuhörern deutlich, zwischen der jüdischen Religion und dem jüdischen Volk zu unterscheiden. „In unserer Religion ist es nicht viel anders als in anderen: An Festtagen ist die Synagoge voll.“ Ansonsten müsste sich das Judentum ebenso wie andere Religionen mit der Rolle in der Gesellschaft beschäftigen und überlegen, welche Bedeutung es hat. Er selbst sei nicht „krass religiös“, aber er arbeite für sein Volk, sagte Chernyak.
Chernyak war in seinem
Leben nur einmal in Israel
Als Juden seien sie „ganz normale Jugendliche mit Freunden aus allen möglichen Religionen“ – was die Gymnasiasten schnell bei den Antworten auf ihre Fragen erkannten. Sie verloren nicht nur ihre Scheu, sie erkannten auch, dass es überhaupt keinen guten Grund für Antisemitismus geben kann. Sollte es je Scheu bei den Neuntklässlern gegeben haben, so war diese spätestens verschwunden, als alle im Halbkreis saßen und es auf jede Frage eine Antwort gab. Ob Israel ihre Heimat sei, wurden die beiden Gäste unter anderem gefragt. „Ich war in meinem Leben einmal in Israel und weiß daher genauso viel oder genauso wenig wie alle anderen aus Deutschland etwas über dieses Land“, antwortete Chernyak. Auch Sonja Silbermann ging auf den touristischen Aspekt ein: „In Tel Aviv sprechen die meisten Touristen Deutsch.“
Sie alle wollen ein „total normales“ Zusammenleben. Grabschändungen auf Friedhöfen, antisemitistische Äußerungen seien nicht normal. Für derartige Aktionen könne es kein Verständnis geben, da waren sich alle Gesprächsteilnehmer einig.