Mönchengladbacher helfen Obdachlose leiden unter der Coronakrise
Mönchengladbach. · Für die Menschen, die auf der Straße leben, ist das Leben ohnehin ein täglicher Kampf. In der aktuellen Situation wachsen ihre Probleme stetig. Doch es gibt auch in der Krise Helfer, die sie nicht vergessen.
Wie es Obdachlosen in der Corona-Krise geht? Norbert fasst es in einem Wort zusammen. „Katastrophal“, sagt der 55-Jährige. Dann beginnt er aufzuzählen: „Wir können nicht mehr genug Geld schnorren, keine Medikamente mehr kaufen, meine Ärztin wimmelt mich ab. Die Notunterkunft ist voll, wo sollen wir hin?“ Zumindest vor der Frage, wo er wohnen und schlafen soll, steht Norbert seit Anfang 2017. So lange ist er obdachlos, übernachtet irgendwo im Freien. Gelegentlich kommt er auch mal bei Bekannten unter. So hält er es auch jetzt.
Dass die Notunterkunft für wohnungslose Männer an der Jenaer Straße voll ist, kann Brigitte Bloschak vom Diakonischen Werk so nicht bestätigen. „Wir haben 17 Plätze belegt“, sagt die Sozialarbeiterin. Das entspricht der normalen Auslastung in den Tagen vor der Corona-Pandemie. Dennoch sieht Bloschak ein Problem: Insgesamt 30 Betten gibt es in der Notschlafstelle, allerdings in Vierer- und einem Sechser-Zimmer. Der Fachbereich Wohnen und Soziales der Stadt habe ihr mitgeteilt, dass die Kapazität für 30 Personen aufrechterhalten werden solle, sagt Bloschak. „Ich haben dabei aber ein ganz ungutes Gefühl, denn die räumliche Enge ist groß. Ich denke, 17 Personen ist derzeit die äußerste Kapazität.“ Doch auch bei einer Nachfrage im Gesundheitsamt hieß es laut Bloschak: Die Kapazität für 30 sei zu halten.
Die Diakonie-Beratungsstellen für wohnungslose Männer und Frauen an der Kapuzinerstraße und der Oskar-Kühlen-Straße sind weiterhin geöffnet. Ebenso die beiden „Café Pflaster“ in Rheydt und Gladbach – allerdings nur für Menschen, die wirklich keine Wohnung haben. Wer ein Dach über dem Kopf habe, soll derzeit auf einem Besuch in den Cafés verzichten. Dort können Besucher weiterhin duschen. Allerdings werde bei allen Hilfsangeboten darauf geachtet, den Zugang zu regulieren, sagt Bloschak.
Im Obdachlosen-Tagestreff
bleibt die Küche kalt
Wie sich die ohnehin schwierige Lage von Wohnungslosen verschärft, beschreibt Martin Dalz, Geschäftsführer des Vereins Wohlfahrt, der den Obdachlosen-Treff an der Erzbergerstraße betreibt: Bei manchen Wohnungslosen, die ohnehin psychisch angeknackst waren, reichen die Bewältigungsstrategien nun nicht mehr. Sie werden manifest psychisch krank.“ Da weniger Menschen auf den Straßen unterwegs sind, sinkt auch der Ertrag beim Betteln. „Es wird für Obdachlose immer schwieriger sich zu versorgen“, sagt Dalz. Das gillt bei Drogenabhängigen unter anderem wegen geschlossener Grenzen auch für die Drogenbeschaffung und führt zu Entzugserscheinungen.
Es gibt Menschen und Initiativen, die helfen. Am Mittwoch um 11.15 Uhr fuhr ein Lieferwagen der Mönchenglabcher Tafel vor dem Obdachlosen-Tagestreff an der Erzbergerstraße vor. In normalen Zeiten wird dort mittags für gut 60 Menschen gekocht. Das geht nicht mehr, die Küche bleibt kalt, es dürfen sich nicht mehr als 15 Personen gleichzeitig in dem Treff aufhalten. Dennoch blieben Besucher am Mittwoch nicht unversorgt. Der Lieferwagen brachte 96 Tüten voller Lebensmittel zum Mitnehmen, die Dirk Heynckes mit zwei Mitarbeitern seines Rewe-Markts an der Lürriper Straße befüllt hatte.
Die Mönchengladbacher Schützen und Monika Bartsch, Ex-Oberbürgemeisterin und Vorsitzende der Mönchengladbcher Tafel, hatten nach Mitstreitern gesucht und einen in Heynckes gefunden. Mitgemacht hat auch Renate Schaffrath. „Sie hat zugesagt, dass die Schaffrath-Stiftung die Rechnung übernimmt“, sagt Bartsch. Das Arbetzslosenzentrum Mönchengladbach will ebenfalls eine Spende in Höhe von 1500 Euro zur Verfügung stellen. Bartsch hofft, dass die Aktion wiederholt werden kann. Sie wirbt auch um Verständnis. „Manche werden sagen, ‚Wenn die Obdachlosen so wenig Geld haben, sollen die doch jetzt aufhören zu trinken und Drogen zu nehmen, dann haben sie Geld’. So leicht ist das aber nicht. Sucht ist eine Krankheit, das kann man nicht einfach so einstellen.“