Musikverein: Dritter Missbrauch angezeigt
Ein weiteres Kind hat einen 45-jährigen Mönchengladbacher beschuldigt, von ihm belästigt worden zu sein.
Der Fall des mutmaßlichen Kindesmissbrauchs im Musikverein durch einen 45 Jahre alten Mönchengladbacher weitet sich aus. Dem Mann, der sich zwischen November 2014 und April 2015 in neun Fällen an zwei acht und elf Jahre alten Jungen vergangen haben soll, wird nun noch ein weiterer Fall vorgeworfen. Im Jahr 2010 soll er einen Jungen aus seinem Bekanntenkreis bei einer Übernachtung ebenfalls sexuell angegangen haben. Das sagte Lothar Gathen, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Mönchengladbacher erhoben. Nun muss die zuständige Kammer am Landgericht Mönchengladbach darüber entscheiden. Wenn die Richter einen hinreichenden Tatverdacht erkennen und die Anklage zulassen, kommt es zu einem Prozess. Gut möglich, dass die Kammer vorher Gutachten über den 45-Jährigen einholt.
Der Beschuldigte sitzt seit dem 18. April in Untersuchungshaft fernab von Mönchengladbach, nachdem Ende März die Familie eines der beiden Jungen Anzeige erstattet hatte. Im Wesentlichen stützt sich die Anklage auf die Aussagen der Kinder. Bisher hat der 45-Jährige bei den Ermittlern keine Aussage zur Sache gemacht, sagte sein Verteidiger, der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Heribert Kayenburg. Er bestätigte, dass in einem weiteren Fall Verdacht bestand, sprach aber nur von zwei mutmaßlichen Opfern.
Der Fall hatte im April bundesweit für Aufsehen gesorgt: Der 45-Jährige war nämlich nur deshalb auf freiem Fuß, weil er noch auf den Beginn einer Haftstrafe wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs wartete. Der Mann war erst im Januar 2014 und dann in einem vom Bundesgerichtshof (BGH) angeordneten Revisionsverfahren im April 2015 jeweils vom Mönchengladbacher Landgericht zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Mindestens sechsmal habe er sich bereits vor Jahren an seinem Stiefsohn vergangen, hieß es im Urteil. Der Mann blieb aber auf freiem Fuß, weil der BGH das Strafmaß nach dem ersten Urteil und auch im Revisionsfall beanstandete — und niemand Untersuchungshaft beantragte. Dabei hatten die Karlsruher Richter keine Zweifel am Schuldspruch — obwohl der Gladbacher die Taten damals vor Gericht geleugnet hatte. Währenddessen gründete er den Musikverein, in dem auch die beiden mutmaßlichen Opfer Mitglieder waren.
Der Bundesgerichtshof überwies diesen Fall zum Landgericht Düsseldorf. Dort werde das Verfahren am Montag der zuständigen Kammer vorgelegt, wie Landgerichtssprecherin Elisabeth Stöve sagte. In Düsseldorf wird dann wegen der alten Vorwürfe erneut ein Hauptverfahren eröffnet werden. Somit könnte es dazu kommen, dass sich der 45-Jährige vor zwei Gerichten gleichzeitig verantworten muss.