Party ohne Happyend
Fahnen, Tröten, Tränen – sie prägten am Freitag das Rudelgucken der Fußballfans in Mönchengladbach.
Mönchengladbach. Unter den Augen von Justitia kommt der Schiedsrichter im Spiel Deutschland-Serbien nicht gut weg. Beim Public Viewing im Landgericht herrscht Ärger über seine Regulierungswut. Über dem Richterplatz schwebt der Bildschirm. Rund 100 Mitarbeiter der Justizbehörden sehen im Schwurgerichtssaal Fußball und lümmeln auf der Anklagebank.
Schon nach wenigen Minuten gibt es kollektives Stöhnen, und noch eines und noch eines, als der Schiedsrichter wieder und wieder seine gelbe Karte zückt. "Den müsste man zurückpfeifen", schimpft ein Zuschauer. Als der Landgerichtspräsident Bernd Schleiff nebst Gattin erscheint, macht er mit einer Vuvuzela auf sich aufmerksam, ist aber schnell enttäuscht. "Wie, immer noch eins zu null für die Serben?"
Auch im Theater im Gründungshaus (TIG) in Eicken herrscht Stadionatmosphäre - mit Fahnen, Tröten und Tränen. An den Gladbacher Fans liegt es nicht, dass es mit Poldi, Schweini und Özil nicht klappen will. Im bis auf den letzten Platz gefüllten Theater wird die deutsche Mannschaft bis zur letzten Minute angefeuert.
Zu Beginn scheint nur die Höhe des deutschen Sieges diskutabel. 2:1 tippt Katharina Paterak, 3:1 Christian Bönnen. Und Dietmar Müller sogar 5:1. Alle treibt das Gemeinschaftserlebnis zum Rudelgucken. "Hier ist einfach mehr Stimmung", sagt die 18-jährige Katharina. "Meine Freunde sind auch hier, und die Location ist gut."
Im hinteren Teil schaffen Tribünen, grüner Teppich und eine große Leinwand, auf die das Spiel übertragen wird, Stadionatmosphäre. Im vorderen Teil sorgen große Bildschirme dafür, dass auch die Zuschauer im Freien alles sehen.
Und zu sehen gibt es genug: Das dramatische Spiel reißt die Zuschauer mit. Bei jedem Lauf aufs Tor feuern Sprechchöre das Team an, bei der roten Karte für Klose oder dem erfolglosen Elfmeter von Podolski geht ein Aufstöhnen durch die Menge. Und bei den vielen Chancen der Deutschen brechen die Fans in - leider verfrühten - Jubel aus. Die Kinder vergnügen sich derweil mit den Tröten.
Auch in der Halbzeitpause bleiben die Fans optimistisch. "Wir gewinnen noch 3:1", ist Angelika Junge überzeugt, die stilgerecht schwarz-rot-gold kostümiert und mit der ganzen Familie zum TIG gekommen ist. "Marin und Cacau kommen, und dann klappt es schon." Als die beiden eingewechselt werden, wird frenetisch gejubelt.
Doch dann ist das Spiel aus, und Deutschland hat tatsächlich verloren. "Es lag am Schiedsrichter", sagt Dietmar Müller fassungslos. "Aber die Party ist nicht vorbei. Wir hatten Chancen genug. Gegen Ghana werden wir gewinnen." Angelika Junge hat Tränen im Auge.
Die Fans strömen nach Hause, und irgendwie flattern die schwarz-rot-goldenen Fahnen nicht mehr so fröhlich im Wind. Auch die Vuvuzelas sind verstummt. Was niemand erwartet hat, ist geschehen. Deutschland hat verloren.