Projekt Klagemauer: „Wir wollen das Schweigen beenden“

Ein Bündnis will den Ohnmächtigen in dieser Gesellschaft zu einer Plattform verhelfen.

Mönchengladbach. "Fünf Millionen Arbeitlose - das schreit zum Himmel!", "Von Hartz IV kann man nicht leben" oder "Wegen der Studiengebühren können meine Kinder nicht studieren". Dies sind nur einige Klagen, die Menschen formuliert haben. Sie hängen, geschrieben auf Zetteln, an einer etwa elf Meter langen Mauer, die noch auf dem Gelände des Volksvereins an der Geistenbecker Straße steht.

An dem Ort, an dem Hilfe für Arbeitslose geleistet wird, zeige sich "sehr konkret, dass es große Gründe zum Klagen gibt", sagt Edmund Erlemann. Der frühere Propst, Ratsmitglied im Bündnis für Menschenwürde und Arbeit, hat gemeinsam mit weiteren Paten das Projekt "Klagemauer" auf die Beine gestellt.

Bis zum 13. September können die Menschen in Mönchengladbach ihre Klagen, Wünsche und Visionen auf dieser Mauer festhalten. Gleichzeitig geht diese Aktion auch in Aachen, Krefeld sowie den Kreisen Düren und Heinsberg über die Bühne.

"Wir wollen mit der ,Klagemauer’ den Menschen eine Stimme geben, die sonst schweigen müssen", beschreibt Alex Micha für das Bündnis die Zielsetzung des Projekts.

Die Gesellschaft sei gespalten in Gewinner und Verlierer, Arm und Reich, Mächtige und Ohnmächtige. Die Mauer soll das Schweigen der Unterdrückten über diese Zustände beenden und den Klagen "in ziviler Form Ausdruck geben", sagt Micha.

Massenarbeitslosigkeit, hungernde Kinder in den Grundschulen oder das Schicksal von Asylsuchenden, denen die Abschiebung droht, beschreiben die Bündnismitglieder auch für Mönchengladbach als Ausdruck einer "sozialen Wirklichkeit, die einfach beklagenswert ist", sagt Hartmut Wellssow vom "Mauerteam".

Der ehemalige DGB-Chef am Mittleren Niederrhein will durch das Mauerprojekt "die Macht der Straße neu beleben".

Alle eingegangenen Klagen werden gesammelt, ausgestellt und in der letzten Phase der Aktion ausgewertet: "Wir wollen aus den Meinungen der Menschen Forderungen formulieren und sie den politischen Parteien vorlegen", sagt Alex Micha.

Startschuss für das Klagemauer-Projekt ist in Mönchengladbach die DGB-Veranstaltung zum 1. Mai auf dem Rheydter Marktplatz (Siehe Kasten).

Ab diesem Zeitpunkt stehen die teilbaren Paneele der Mauer immer wieder an verschiedenen Standorten, um alle gesellschaftlichen Gruppen erreichen zu können.

Los geht es im Mai mit der Gesamtschule Espenstraße, der Bruno-Lelieveld-Tagesstätte für Wohnungslose an der Erzberger- und dem Arbeitslosenzentrum an der Lüpertzender Straße. Außerdem ist die "Klagemauer" dauerhaft in der Citykirche und im Internet unter www.menschenwuerde-und-arbeit.de zugänglich.

Soziale Einrichtungen, Gruppen oder Vereine, die ihre eigene "Klagemauer" aufstellen möchten, können mit Alex Micha unter der Telefonnummer MG 58 13 99 oder per e-mail Kontakt aufnehmen unter buero@menschenwuerde-und-arbeit.de