Prozess: Gerichtsmarathon nach Ärger in der Werkstatt
Fünf Jahre schwelt der Streit mit einer Autofirma. Dem Sachverständigen wirft man vor, ein falsches Gutachten erstellt zu haben.
Kempen/Mönchengladbach. Ein Mann und seine Tochter fühlen sich so richtig betrogen. Das, was zu ihrer Wut geführt hat, liegt schon mehr als fünf Jahre zurück. Und sorgt seitdem für einen Marathonlauf durch verschiedene Gerichtsinstanzen.
Der Anlass war eigentlich ein nichtiger: Das Lenkradschloss am Wagen der Frau musste repariert werden. Das übernahm eine Werkstatt in Kempen. Kurz darauf machte sich der Wagen, der am Hang geparkt war, selbstständig und rollte in einen Bach. 35 Zentimeter standen die Vorderräder im Wasser. Die Stoßstange war verbeult. Um auszuschließen, dass irgendetwas am Innenleben des Wagens Schaden genommen haben könnte, brachten die Frau und ihr Vater den Wagen wieder in die Werkstatt — zur Durchsicht. Dabei soll nichts gefunden worden sein, erklärt der Vater.
Allerdings soll nur wenige Kilometer später ein Geräusch im Motorraum aufgetaucht sein — es ging zurück in die Werkstatt. Der Vater spricht von der „Arg- und Wehrlosigkeit“ seiner Tochter, der man dabei dann eine teure — und in den Augen des Vaters unnötige — Reparatur aufgedrückt habe. 3850 Euro wurden fällig.
Denn zum Lokalisieren des Geräusches hatte man in der Werkstatt so einiges getauscht. Um heranzukommen sogar den Keilriemen zerschnitten. Der Vater überprüfte die Rechnung, verlangte die ausgebauten Teile. Lichtmaschine, Kühlmittelpumpe und Kühlmittelkompressor wurden ihm ausgehändigt. „Keilriemen, Umkehrrolle und Spannrolle sollten da, nur einen Tag später, bereits verschrottet gewesen sein“, empörte sich der Mann.
Ein Gutachten soll ergeben haben, dass die Ursache des Übels lediglich ein defektes Lager in der Magnetkupplung des Kühlmittelkompressors gewesen sein soll. Ein Teil, das laut Liste, so der Vater, 72 Euro gekostet hätte — plus Montage.
Weil die Frau und ihr Vater vor Gericht ziehen, wird ein Gutachter aus Mönchengladbach als Sachverständiger bestellt. Dem, so glaubt der Vater zunächst, habe die Werkstatt falsche Altteile vorgelegt. Eine Richterin am Kempener Amtsgericht entscheidet anders. Lediglich 420 Euro von der Rechnung werden der Frau zugesprochen, die habe sie zu viel bezahlt.
Irgendwann später gibt es doch noch ein Stück weit Genugtuung: Das Lenkradschloss soll tatsächlich falsch repariert worden sein, heißt es nach Angaben des Vaters in der nächsten gerichtlichen Instanz. Allerdings habe sich seine Tochter eine Mitschuld an dem Unglück zurechnen lassen müssen, weil die Handbremse nicht angezogen war.
Und Dienstag ging die Geschichte vor der Zivilkammer des Landgerichts in Mönchengladbach weiter. Denn jetzt ist der Gutachter in den Fokus der Frau geraten, die sich betrogen fühlt. Sie wirft ihm vor, er habe ein falsches Gutachten erstellt, möglicherweise bewusst beim Austausch der Teile geholfen.
Ein Urteil ist noch nicht gesprochen. Nicht gut kam bei den Richtern an, dass die Klägerin, deren persönliches Erscheinen ausdrücklich angeordnet worden war, nicht kam. Ihr Anwalt erklärte, seine Mandantin könne nichts zum Sachverhalt beitragen.
Beide Seiten haben jetzt Gelegenheit, schriftlich ihre Sicht der Dinge darzulegen. Ein Urteil wird Anfang April erwartet.