Prozess um tödlichen Schubser
War es Absicht oder ein Versehen? Ein 81-Jähriger starb. Ein 27-Jähriger steht deshalb seit Freitag vor Gericht.
Mönchengladbach. Egal, wie die Tat am Nachmittag des 14. Juli 2010 abgelaufen ist — ein Grevenbroicher (81) starb an den Folgen. Deshalb muss sich ein 27-Jähriger seit Freitag vor dem Landgericht verantworten. Die Staatsanwältin wirft ihm Körperverletzung mit Todesfolge, schwere und gefährliche Körperverletzung vor.
Demnach soll Lars K., der gerade von der Bank kam und festgestellt hatte, dass er kein Geld holen konnte, weil sein Energieversorger die letzten Reste abgebucht hatte, den alten Herrn, der mit seiner Frau durch die Stadt bummelte, gestoßen haben. Und zwar so, dass der Senior stürzte, sich einen Oberschenkelhals brach, Orientierung und Sprache verlor und in einem Pflegeheim untergebracht werden musste. Dort „verfiel er in Siechtum“, wie es Staatsanwältin Carola Guddat ausdrückte, und starb am 28. November 2010.
Der Angeklagte, der im Gericht nervös mit seinen Fingern spielte, während er aus seinem Leben erzählt, und sich selbst als alkoholabhängig einstuft, befindet sich zurzeit in einer Therapie-Klinik in Euskirchen. Er beschrieb sein Leben als unstet und geprägt von Alkohol und Drogen. Schließlich habe er im Betrieb seines Vaters als Hilfsarbeiter gearbeitet, sei auch dort gekündigt worden.
An jenem Mittag, um den es nun vor Gericht geht, habe er dringend neuen Alkohol gebraucht, aber der Geldautomat gab nichts mehr her. Außer der Abbuchung des Energieversorgers sah er sich auch mit 900 Euro Geldstrafe konfrontiert, die er nach einem Strafbefehl zu zahlen hatte.
„Dazu sagt mein Mandant nichts, wir können bestenfalls den Strafbefehl verlesen“, erklärte Verteidiger Bernd Kretschmann. Der besagt, dass K. einen Unbekannten zuerst um Geld angebettelt und dann, als dieser nichts geben wollte, geschlagen habe.
Am Tag der Begegnung mit dem 81-Jährige sei er auf der Harmoniestraße „schnell und rabiat“ gegangen, berichtet K. Er sei wütend gewesen, habe nicht nach vorne gesehen, von wo ihm das ältere Ehepaar entgegenkam. An den Zusammenprall könne er sich kaum erinnern, auch nicht daran, ob er „nur“ gerempelt oder den Arm zum Schubsen ausgestreckt habe.
Dafür sagte die Witwe (69), dass sie sich um so besser an diesen Tag erinnere, der ihr Leben veränderte, weil er nach 40 Jahren Ehe den Mann von ihrer Seite riss. „Der ist gezielt auf meinen Mann zugegangen“, erklärt sie. K. habe noch „Was guckst Du?“ gesagt, und ihren Mann zu Boden geschubst. Als sie die Verfolgung aufgenommen habe, sei er weggelaufen. Sie habe per Handy die Polizei alarmiert. In einem Laden fand sie Hilfe. Eine Verkäuferin sagte, sie kenne den Mann. Er habe am Vortag schon eine Frau geschlagen.
Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt.