Razzien bei Islam-Verein
Das Innenministerium hat am Dienstag Räume von „Einladung zum Paradies“ und deren Mitgliedern durchsuchen lassen.
Mönchengladbach. Es war kurz vor acht Uhr, als es gestern an der Wohnungstür von Sven Lau in Eicken klingelte. Polizisten in Zivil durchsuchten seine Wohnung, während er mit seinen Kindern spielte, um sie abzulenken.
Laptop, Smartphone, Bücher und Aktenordner nahmen die Beamten aus der Eickener Wohnung und dem Geschäft des zweiten Vorsitzenden des Vereins „Einladung zum Paradies“ (EZP) in Waldhausen mit.
Acht Wohnungen und Läden in Mönchengladbach waren am Dienstag das Ziel von Razzien von Polizei und Staatsanwaltschaft. Auch in dem derzeit versiegelten Haus, das der salafistische Verein an der Eickener Straße mietet und das zur Moschee und zum Treffpunkt umgebaut werden soll, sahen sich Fahnder um.
Außer Lau, der ab Januar erster Vorsitzender des EZP werden soll, bekamen zahlreiche andere Funktionsträger, Mitglieder und Sympathisanten Besuch von Beamten. In NRW, Niedersachsen und Bremen wurden rund 30 Objekte durchsucht.
Darunter auch Räume des Islamischen Kulturzentrums Bremen. Das Bundesinnenministerium, das die großangelegte, zeitgleiche Durchsuchung veranlasst hatte, geht davon aus, dass beide Vereine Teil eines bundesweit agierenden salafistischen Netzwerks sind.
Salafisten verstünden den Islam als Ideologie, Ordnungs- und Herrschaftssystem und damit als „unvereinbaren Gegensatz zur parlamentarischen Demokratie“, begründete das Innenministerium sein Vorgehen.
Der salafistischen Ideologie zufolge könnten Gesetze nur von Gott und nicht vom Volk gemacht werden. Seit Längerem werden die Vereine vom Verfassungsschutz beobachtet.
Markus Beyer, Sprecher des Bundesinnenministeriums, sagte: „Gegen islamistische Netzwerke wie diese salafistischen Vereine gibt es in der freiheitlichen Demokratie vereinsrechtliche Verbotsmaßnahmen.“ Es sei für eine „wehrhafte Demokratie“ so notwendig wie geboten, „nicht erst den Jihad in Form des bewaffneten Kampfs abzuwarten, um gegen verfassungsfeindliche Vereinigungen einzuschreiten“.
Aus gut unterrichteten Kreisen heißt es, dass Innenministerium habe sich erhofft, durch Vereins- und Finanzunterlagen Hinweise „auf Hintermänner“ finden zu können.
Der EZP-Vorsitzende Mohammed Ciftci reagierte auf die mittlerweile zweite Durchsuchung in seiner Wohnung in Braunschweig und die Beschlagnahmung von Computer-Hardware und arabischen Schriften mit Unverständnis. „Wir sind ein legaler Verein, machen nichts Verfassungswidriges, rufen nicht zur Gewalt auf. Wir wollen nur weiter den Islam ausüben, ohne dabei zu übertreiben.“
Er kündigte an, „alle rechtlichen Mittel“ nutzen zu wollen gegen das Vorgehen des Ministeriums. Sein Stellvertreter Lau sagte, selbst wenn der Verein verboten werde, „kann man mich als Person nicht verbieten und mir den Mund auch nicht“.
Der Sprecher der Eickener Bürgerinitiative gegen die EZP-Pläne in ihrem Stadtteil, Wilfried Schultz, nannte die Durchsuchungen gestern „bedeutsam“. Er habe vorab erfahren, dass irgendwann derartige Aktionen geplant seien, aber sie „nicht so früh erwartet“. „Das ist sensationell. Bei anderen Verbotsverfahren hat es Jahre gebraucht. Ich bin guten Mutes.“
Für Gladbachs CDU-Bundestagsabgeordneten Günter Krings waren die Razzien „das klare Signal, dass wir bei den Salafisten wachsam bleiben“.