Schuss in den Hoden: Räuber verklagt das Land NRW
Am Dienstag Beginnt der Prozess um den Tankstellenraub in Gladbach, bei dem ein Polizist dem Räuber in die Genitalien schoss.
Der Schuss in den Hoden des Räubers sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Im Juli 2012 überfiel der damals 21-Jährige zweimal die Tankstelle an der Duvenstraße. Womit er nicht gerechnet hatte: Vor der zweiten Tat hatte die Polizei Wind von den Überfallplänen bekommen und lag auf der Lauer. Als der maskierte 21-Jährige mit gezücktem Messer in den Kassenbereich kam und „Überfall“ rief, sprang ein Beamter aus seinem Versteck, forderte den Räuber auf: „Stehenbleiben, Polizei.“ Dann fielen Schüsse, der Täter wurde in Gesäß und Genitalbereich getroffen.
Der Tankstellenräuber ist mittlerweile verurteilt und sitzt zurzeit eine sechsjährige Haftstrafe ab. Schon vor mehr als einem Jahr hatte er 10 000 Euro Schmerzensgeld von dem Polizisten gefordert, weil ihm nach dem Schuss ein Hoden entfernt werden musste und weil er an starken Schmerzen leide. Doch nach dem Hinweis der Kammer, der Beamte sei im Dienst gewesen, als er die Schüsse abgab, weshalb der Arbeitgeber hafte, wurden die Klagen zurückgenommen. Stattdessen ist jetzt das Land NRW die Beklagte.
Anscheinend beeinträchtigen Operation und Schmerzen den heute 25-Jährigen nicht so sehr, dass er nicht weitere Straftaten begehen könnte. Denn nun wurde bekannt: Der verurteilte Tankstellenräuber soll vor zwei Wochen bei einem Freigang in vier Geschäfte an der Hindenburgstraße eingebrochen sein. Im Polizeibericht heißt es unter anderem: Von aufmerksamen Zeugen wurde eine Person beobachtet, die im Bereich der unteren Hindenburgstraße mehrere Türen von Geschäften eintrat, die Räume betrat und kurze Zeit später wieder verließ. Nachdem er aus dem vierten Geschäft nach Öffnen eines auf Kipp stehenden Fensters herauskam und flüchtete, konnte er von Polizeibeamten gestellt und vorläufig festgenommen werden. Der 25-jährige Täter hatte noch diverse Beutestücke aus den unterschiedlichen Tatorten bei sich. Möglicherweise waren Drogen und Alkohol im Spiel. Dem Täter wurde eine Blutprobe entnommen.
Gefängnisaufenthalte scheinen den Mann nicht abzuschrecken. Als er im Juli 2012 zum ersten Mal die Tankstelle an der Duvenstraße überfiel, war er gerade elf Tage zuvor aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die neuerlichen Vorwürfe werden jedoch am Dienstag vor der dritten Zivilkammer keine Rolle spielen. In dem Güte- und Verhandlungstermin geht es nur um die Frage, ob der Tankstellenräuber ein Recht auf Schmerzensgeld hat oder nicht. Der 25-Jährige behauptet, er habe sich zum Zeitpunkt des Schusses bereits auf der Flucht befunden. Das Land entgegnet, der Polizeibeamte habe aus Notwehr gehandelt.
Bilder aus der Videoüberwachung der Tankstelle hatten damals keinen Aufschluss geben können.