Sechs Jahre Haft für den „höflichen“ Apotheken-Räuber

Der 31-Jährige hat Angestellte bedroht und 2700 Euro erbeutet. Viele seiner Opfer beschreiben ihn trotzdem als höflich.

Foto: Theo Titz

Wegen schweren Raubes in fünf Fällen verurteilte die Erste Große Strafkammer des Mönchengladbacher Landgerichts den amphetaminsüchtigen Angeklagten zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten und zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. In einer ausführlichen Urteilsbegründung ging der Kammervorsitzende Helmut Hinz noch einmal auf den Fall des Apothekenräubers ein.

Bereits bei der Polizei hatte der Angeklagte ein Geständnis abgelegt. Der 31-Jährige, dessen Vorstrafenregister immerhin 17 Eintragungen enthält, schilderte bereitwillig seine familiäre Vorgeschichte. Er hat keinen Schulabschluss und keine Ausbildung absolviert. Schon früh griff er zu Alkohol und später zu Drogen, vor allem zu Amphetaminen. Die Folgen waren negativ. Er litt unter Angstzuständen. Ein psychiatrischer Sachverständiger sah bei dem Angeklagten eine schwere Drogenabhängigkeit und empfahl deshalb die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

Ebenso bereitwillig legte der Angeklagte ein Tatgeständnis ab und schilderte, wie er im April und Mai zweimal die Nordapotheke an der Brucknerallee, die Löwenapotheke an der Odenkirchener Straße, die Maximo-Apotheke an der Stresemannstraße sowie die Rosen-Apotheke an der Eickener Straße mit einer Softair-Pistole überfallen hatte. Doch die fünf Überfall-Opfer, meistens Apotheken-Helferinnen, hatten alle geglaubt, sie seien mit einer scharfen Waffe bedroht worden.

Der Angeklagte während eines Überfalls zu einer Angestellten

Sie erinnerten sich an einen höflichen, eher untypischen Räuber, der sich den Apotheken mit dem Fahrrad genähert hatte. Unmaskiert hatte er die Geschäftsräume betreten, die Waffe auf die Angestellten gerichtet und gefordert: „Machen Sie die Kasse auf!“ Anschließend nahm er die Scheine heraus und war schnell wieder verschwunden. Dabei hatte er die Angestellten und manchmal auch Kunden, die noch in der Apotheke waren, mit Aussagen wie: „Ich bediene mich mal eben, dann bin ich auch schon wieder weg“ oder „Ich brauch das Geld für meine Tochter“ überrascht. Er wolle keine Portemonnaies und keine Handtasche, nur was aus der Kasse, hatte er bei einem Überfall beteuert. Die Taten des Angeklagten seien Beschaffungskriminalität gewesen, so dessen Verteidiger. Der Gladbacher gab ohne weiteres zu, von der Beute Amphetamine, aber auch einen Fernseher und ein Handy gekauft zu haben.

Am Ende hatte sich der Angeklagte bei den Opfern, die gestern in ihren Zeugenaussagen die Raubüberfälle schilderten, entschuldig und ihnen flapsig „alles Gute“ gewünscht. Doch im Gerichtssaal wurde schnell klar, dass der „höfliche und freundliche Räuber“, die Opfer mit seiner echt aussehenden Waffe doch in große Furcht versetzt hatte. „Er hat mir angst gemacht“, erinnerte sich eine Apothekenhelferin. Deren Kollegin wurde nach dem Überfall 14 Tage krank geschrieben und war anschließend in psychologischer Behandlung. Am Ende wertete das Gericht die Fälle von vier Opfern, die nicht unter so massiver Beeinträchtigung gelitten hatten, als minder schwere Fälle. Das bewahrte den Angeklagten vor der siebenjährigen Haftstrafe, die der Staatsanwalt gefordert hatte Er hatte die vier Fälle nicht als minder schwer bewertet. Vor der Drogentherapie muss der Angeklagte von der Gesamthaftstrafe sieben Monate und zwei Wochen Haft vorab verbüßen.