Stimmzettelpanne noch schlimmer als bislang angenommen
Die Stadt hat in insgesamt 18 Wahllokalen zu knapp mit den Stimmzetteln kalkuliert.
Die Stimmzettelpanne bei der Bundestagswahl war größer als zunächst angenommen. Nicht in zehn, sondern in 18 Wahllokalen war der Engpass mit Stimmzetteln so groß, dass nachgeliefert werden musste. Das sagte Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners (CDU) jetzt bei der Sitzung des Kreiswahlausschusses. Reiners hatte eine detaillierte Prüfung angeordnet und legt die Ergebnisse nun dem Landeswahlleiter vor.
Demnach war in drei Wahllokalen der Engpass so groß, dass zwischenzeitlich gar keine Stimmzettel mehr vorhanden waren. In der Geschwister-Scholl-Realschule, der Grundschule Ohler und in der Mehrzweckhalle Gerkerath konnte zeitweise nicht gewählt werden. Dabei wurden die ersten Versorgungsengpässe bei der Stadt ab 15.40 Uhr gemeldet. Um 16.55 Uhr wurde der zuständige Dezernent Matthias Engel (SPD) informiert, der die Information gegen 17.30 Uhr, also eine halbe Stunde vor Schließung der Wahllokale, an Reiners weiterreichte.
Von 39 Wahlberechtigten, die wegen fehlender Stimmzettel zunächst nicht abstimmen konnten, haben 26 noch gewählt — 13 von ihnen nicht mehr. Weil aber vor 18 Uhr in allen Wahllokalen wieder Stimmzettel verfügbar waren, sei es jedem Wahlberechtigten möglich gewesen, vor 18 Uhr zu wählen, so Reiners. „Jedem, der wählen wollte, war auch die Möglichkeit gegeben. Wir können nicht erkennen, dass es irgendeine Handlung gegeben hat, die das Wahlergebnis infrage stellen“, so Reiners. Der Grund für das Stimmzettel-Chaos: Die Stadt hat schlicht deutlich zu wenig Exemplare bereitgestellt und war dann organisatorisch nicht in der Lage, die Engpässe schnell zu schließen — obwohl woanders noch genug Reserven vorhanden waren.
Die knappe Kalkulation im Rathaus flog dort den Wahlvorständen um die Ohren. Reiners zieht die Konsequenz, dass künftig für jeden Wahlberechtigten rein rechnerisch ein Stimmzettel zur Verfügung stehen muss. „Wir werden ab sofort eine 100-prozentige Versorgung in allen Wahllokalen sicherstellen.“ Und andererseits müssten dringend die Verteilsystematik und die Kommunikationskanäle zwischen den Wahllokalen und Wahlamt verbessert werden. Die vier Notrufleitungen im Rathaus für die Wahlvorstände waren lange Zeit wegen Überlastung nicht erreichbar
Die Mitglieder des Kreiswahlausschusses kritisierten die Verwaltung scharf für die peinlichen Vorkommnisse. „Ich halte es für sehr traurig, dass die Stadt auf diese Weise ins Gespräch kommt“, sagte Ratsmitglied Friedhelm Stevens (CDU), und fuhr in Richtung des verantwortlichen Dezernenten Engel fort: „Man muss sich schon sehr bemühen, um dafür Verständnis aufzubringen, Herr Engel.“ Auch innerhalb der Verwaltungsspitze soll es deswegen gekracht haben wie selten zuvor. Für das Wahlergebnis bleibt das Stimmzettel-Chaos wohl ohne Konsequenzen. Beschwerden müssen beim Wahlprüfungsausschuss des Bundestages eingereicht werden. Und der ordnet nur dann eine Neuwahl an, wenn ein Fehler direkte Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestages hat. Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie gegeben.