Bundestagswahl Wer gewinnen will, sollte nur versprechen, was er halten kann

Meinung · Wer die Bundestagswahl im September gewinnen oder mindestens bei den Balkendiagrammen ganz gut genährt aussehen will, der muss in aktueller Regierungsverantwortung in Pandemiezeit impfen, impfen, impfen – so hieß es nicht nur an dieser Stelle schon vor Monaten.

Mit einer guten Impf-Kampagne können die Wähler überzeugt werden.

Foto: dpa/Jan Woitas

Das hat sich die Politik zu eigen gemacht: Die NRW-Landesregierung zum Beispiel setzt nach einem heftigen Stolper-Start seit Wochen alles daran, in den bundesweiten Impfvergleichen vorn zu liegen. Mindestens bei der Zahl der einmal Geimpften ist ihr das gelungen: NRW liegt hinter dem Saarland deutschlandweit auf Rang zwei. Womit aber auch schon Teil zwei des aktuellen Problems aufgezeigt ist: Der Anspruch, nichts liegen zu lassen und schnell Erstimpfungen in die Arme zu bringen, um mehr Grund-Immunität zu gewinnen, sorgt jetzt im Angesicht des ohnehin noch immer knappen Impfstoffs dafür, dass kaum mehr Impfstoff für weitere Erstimpfungen in den NRW-Testzentren da ist. Die vielen Erstgeimpften brauchen jetzt ihre Zweitimpfung: Da fallen nun wochenlang jene über Bord, die aus der Priorisierungsgruppe 3 noch gar nicht geimpft worden sind – und sich jetzt auch noch der politisch gewollten Öffnung der Priorisierungsgruppen gegenüber sehen. Das wird für Verärgerung sorgen.

Aber: Das Zwischentief ist endlich, immense Impfstoff-Lieferungen am Horizont zu erkennen, es handelt sich um ein temporäres Problem – bei zugleich heftig fallenden Inzidenzen. Trotzdem bellt die Opposition nicht zu Unrecht: Was vor allem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schon alles offenbar aus seiner reichen Verantwortungshistorie heraus mit Euphorie angekündigt hat, ohne dass es ihm danach nicht auf die Füße gefallen wäre, ist erstaunlich – und wäre oft vermeidbar gewesen. Und weil ähnlich vorschnell die Ankündigungen des SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz vor Wochen ausfielen, als der über das Impfen zu punkten versuchte, ist die Erkenntnis auch diese: Wer gewinnen will, sollte nur versprechen, was er halten kann. Oder wie es Johannes Rau einst verbal kredenzte: „Sagen, was man tut, und tun, was man sagt.“