Zeichen gegen Hass Vertreter der jüdischen Gemeinde besuchen Moschee in Bochum: So lief der Austausch
Bochum · Als Zeichen für ein friedliches Miteinander haben Vertreter jüdischer Verbände in NRW eine Moschee in Bochum besucht. Der Austausch war lang und intensiv.
. Der Austausch war lang und intensiv. An seinem Ende erneuerten die muslimischen und jüdischen Religionsverbände ihre Bereitschaft, durch Austausch und Begegnung Hetze, Hass und Gewalt in Nordrhein-Westfalen entgegenzutreten. Als Einlader hatten die Moslems eine äußerst unscheinbare Moschee auf der Stadtgrenze zwischen Bochum und Essen ausgesucht. Bis 1986 diente das himmelblau angestrichene Nachkriegsgebäude als Kneipe. So jedenfalls berichtet ein Mitglied der Ditib Sultan Ahmet Moschee im Bochumer Stadtteil Dahlhausen. Vom Prunk der großen muslimischen Gotteshäuser in Köln und Duisburg beispielsweise ist dieses Haus meilenweit entfernt. Und auch der Verein hat eine überschaubare Größe. Keine 200 Namen zieren die Liste am Schaukasten, auf der vermerkt ist, wer seinen Monatsbeitrag von fünf bis 20 Euro bereits entrichtet hat - und wer nicht. Neben der Liste hängen vergilbte Fotos, 30, vielleicht fast 40 Jahre alt. Sie zeigen einen Imam, der schon lange wieder in der Türkei ist. Und viele andere der Männer auf den Fotos lebten schon längst nicht mehr, berichtet der freundliche Mann aus der Gemeinde. Die Hälfte der Mitglieder sei deutsch, fügt er noch hinzu.
Nicht nur Juden sind gefährdet, sondern auch Muslime
Es ist kein Zufall, dass die Wahl der Veranstalter auf diese kleine Moschee fiel. Sie teilt das Schicksal von Synagogen und jüdischen Einrichtungen in Deutschland.
Nach dem 7. Oktober, nach dem barbarischen Angriff der Terrormiliz Hamas auf Zivilisten in Israel ist die Sultan Ahmet Moschee offenbar Ziel eines antimuslimischen Angriffs geworden. Nathaniel Liminski (CDU), Landesminister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Chef der Staatskanzlei, berichtet von Hakenkreuz-Schmierereien und Davidsternen an den Wänden. Eine heruntergelassene Jalousie zeigt überdies noch immer Spuren, die darauf schließen lassen, dass versucht worden ist, das Gebäude anzuzünden. All das macht die Botschaft des regnerschen Vormittags in dem Bochumer Wohngebiet klar: Nicht nur Juden in Nordrhein-Westfalen sind gefährdet, sondern auch Muslime. Das wollen die Vertreter deren Religionsverbände sagen. Deshalb vermutlich das recht schmucklose Ambiente für ein hochrangig besetztes Zusammentreffen.
Neben Liminski nahmen unter anderen der Ditib-Landesvorsitzende Durmus Aksoy und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Samir Bouaissa, an dem Gespräch teil. Die jüdische Gemeinde war unter anderem mit dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden sowie der Vorsitzenden des Landesverbandes der progressiven jüdischen Gemeinden, Alexandra Khariakova, vertreten. Sie alle eint das Ziel, zu deeskalieren. Die Zahl antisemitischer Straftaten ist nach dem 7. Oktober in NRW deutlich gestiegen, und die Sultan Ahme Moschee zeigt, dass sich der Hass mitunter auch gegen Muslime richtet. „Mit klaren Worten und klaren Gesten kommen die muslimischen und jüdischen Religionsverbände ihrer Verantwortung nach, dazu beizutragen, dass sich niemand darauf berufen kann, bei Anwendung von Gewalt im Namen seiner Religion zu handeln“, sagte Minister Liminski.
Abraham Lehrer drückte der Moscheegemeinde seine Anteilnahme aus. „Ein Gotteshaus zu schänden, ist etwas Fürchterliches, was wir absolut ablehnen“, sagte Lehrer. Er habe Worte der Angst vernommen von Moslems. „Ein Ziel unserer Gespräche muss sein, dass wir dazu beitragen, dass alle Religionsgemeinschaften in Nordrhein-Westfalen ihren Glauben in Frieden und Freiheit ausüben können.“
Für Samir Bouaissa ist dafür mehr Begegnung notwendig. Er regte wir Liminski an, die Gespräche auf Landes- und kommunaler Ebene zu verstetigen. „Wer sich gegenseitig kennt, der lernt sich schätzen und hilft, Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus abzubauen“, sagte Boauissa. Es könne nicht sein, dass Eltern um ihre Kinder Angst haben, wenn sie Moscheen oder Synagogen besuchen. „Es ist unsere Aufgabe, dazu beizutragen, dass unsere Kinder sich als Geschwister empfinden und nicht als Feinde.“