Vorst Neuer König nach dem 223. Schuss

Vorst · Philipp Janßen aus Vorst liebt das Schützenwesen und engagiert sich in der Lokalpolitik.

Das Königshaus der Bürger Junggesellen Vorst (von links): Katharina Werner und Carsten Schneider, das Königspaar Philipp Janßen und Sabine Kern sowie Svenja Depolt und Simon Fimmers.

Foto: Sebatian Röttges/Sebastian Röttges

Der 223. Schuss war der entscheidende, danach stand fest: Philipp Janßen ist der neue Schützenkönig der Bürger Junggesellen, einer Schützenbruderschaft, die seit 1564 im Tönisvorster Stadtteil Vorst ansässig ist. Wer einer so traditionsreichen Bruderschaft angehört, für den ist es schwer, Vereinsgeschichte zu schreiben. Philipp Janßen ist es dennoch gelungen, denn der 35-Jährige ist der erste Schützenkönig der Bruderschaft, der im Rollstuhl
sitzt.

Für den Vorster spielte das allerdings keine große Rolle, als er beschloss, derjenige zu sein, der den Vogel abschießt. „Es war einfach schon immer ein Traum von mir, einmal König zu sein“, erzählt der Verwaltungsfachangestellte, der den „Bürgern“ seit 20 Jahren angehört.

Janßen hat eine Krankheit, die
nur 80 Menschen weltweit haben

Von der Tatsache, dass er eine spondyläre epiphysäre pseudorheumatische Dysplasie hat, eine Krankheit, die nur 80 Menschen auf der ganzen Welt haben, die den Knorpel in den Gelenken angreift und dazu führt, dass Philipp Janßen im Rollstuhl sitzt, ließ sich der Vorster nicht ausbremsen, obwohl es eine Hürde zu überwinden gab: Das Gewehr, mit dem die Schützenbrüder den Vogel von der Stange holen, ist an einer Lafette, einer Halterung befestigt. Die Höhe der Lafette ist für stehende Menschen berechnet.

Aber die Vorster Schützen wären nicht das, was sie sind, wenn sie sich von diesem Umstand hätten abschrecken lassen. „Carsten Schneider, ein Tischlermeister aus der Bruderschaft, hat mir ein Podest gebaut, durch das ich genau die richtige Höhe hatte“, erzählt Philipp Janßen. Brenzlig war der Vogelschuss dann aber doch noch, denn der Wettbewerb wurde im Januar ausgetragen, es war kalt, regnete, und das Podest vereiste. „Das war schon ziemlich glatt, aber alle haben aufgepasst und geholfen, sodass nichts passiert ist, außer, dass ich König geworden bin“, erinnert sich der 35-Jährige und schmunzelt.

Auch eine andere Herausforderung meisterte der Vorster mit Bravour: den Krönungstanz. Mit seiner Königin Sabine Kern besuchte er einen Tanzkursus für Rollstuhlfahrer, sodass das Paar beim Krönungsball einen langsamen Walzer hinlegte, der manchen weniger geschickten Tänzer neidisch werden ließ. „Ich brauche nur ein bisschen mehr Platz auf der Tanzfläche, aber den hatte ich als König ja“, erzählt Janßen und zeigt schon wieder sein verschmitztes Lächeln.

Überhaupt nimmt der junge Mann das Leben mit Humor, versucht, aus allem das Beste zu machen und sich trotz seiner Behinderung nicht einschränken zu lassen. Er fährt Auto, geht sehr gerne ins Kino, ist bei den Veranstaltungen der Bürger Junggesellen dabei, verreist gerne, hat eine Skatrunde, liebt Poker, ist im Kegelclub und engagiert sich in der Lokalpolitik.

„Ich bin seit zehn Jahren bei der GUT, der Gemeinschaft unabhängiger Tönisvorster. Ich möchte Politik vor Ort mitgestalten“, sagt der Ratsherr, der sich besonders für die Schul- und Kulturpolitik interessiert. Es nützte nichts zu meckern, man müsse machen. Und es klingt so, als wäre das sein Lebensmotto.