Menschen in Ratingen Wenn der Zahnarzt zum Kunstschaffenden wird
Ratingen. · Nach seinem Berufsleben als Zahnarzt entdeckt Helmut Brinkmann die Liebe zur Malerei – und ist erfolgreich.
Viele Ratinger kennen Helmut Brinkmann als Zahnarzt ihres Vertrauens. 35 Jahre betrieb er gemeinsam mit seiner Frau, der Kieferorthopädin Brigitte Brinkmann-Denenger, eine Praxis am Ratinger Markt. Mit Kunst hatte Brinkmann während seiner Berufszeit wenig zu tun. Er besuchte gelegentlich eine Ausstellung, kaufte ein Bild, wenn es ihm gefiel. Aber selbst zum Pinsel zu greifen, kam ihm nicht in den Sinn. „Wie das so ist“, sagt Brinkmann, „Job, Kinder, Familie – da bleibt wenig Zeit.“
Nun ist es auch keineswegs so, dass der Ratinger für sein Rentendasein eine lange Liste von Dingen abzuarbeiten gedachte, für die sonst keine Zeit blieb. Vielmehr führte eine lange Reihe von glücklichen Zufällen dazu, dass er eine zweite Karriere startete.
So fanden sich beim Aufräumen eines Tages Reste von Abtönfarbe im Haus der Brinkmanns. Eine weitere Entrümpelungsaktion förderte Leinensäcke zutage. „Da könnte man doch was draus machen“, dachte sich Brinkmann, schnitt die Leinensäcke auseinander, griff zum Pinsel und bemalte die überdimensionale Leinwand. Seine ersten Motive: Ausschnitte aus kunstvoll verzierten Uniformjacken.
Und wieder hilft der Zufall nach. „Ich war Kunde in einem Friseursalon in Düsseldorf“, erinnert sich Brinkmann. Inspiriert von der nahegelegenen Kunstakademie stellt die Inhaberin dort regelmäßig Bilder verschiedener Künstler aus. Ohne weiteren Hintergedanken zeigt Brinkmann ihr seine Erstlingswerke – und erntet Begeisterung. 2012 stellt der Ratinger zum ersten Mal seine Werke aus. Mit Erfolg: „Zwei meiner Bilder wurden direkt verkauft.“
Kunstideen mit Architektur, Figürlichem bis hin zu Abstraktem
Der Erfolg beflügelt. „Ich freue mich, wenn sich Menschen für meine Arbeit interessieren“, so Brinkmann. Fortan sprudeln die Ideen. Es entstehen Bilderserien, in denen der Ratinger alles aufgreift, was ihn inspiriert: Architektur, Figürliches, Abstraktes. Grenzen gibt es nicht. „Ich probiere alles aus.“ Berührungsängste hat Brinkmann nicht. Weder bei Material, noch bei Techniken – zurzeit arbeitet er mit Bitumen auf Leinwand und legt den Fokus auf Strukturen und Effekte. Längst sind auch Skulpturen dazugekommen.
Dabei ist der Ratinger weitestgehend Autodidakt geblieben. „Ich habe zwei Kurse besucht. Dort habe ich gelernt, den Blick zu schulen und Proportionen richtig zu erfassen.“ Sein Beruf kommt ihm bei der Kunst zupass: „Als Zahnarzt entwickelt man einen Blick für Farben und Formen und eine Fertigkeit für filigranes Arbeiten. Insofern haben einige meiner Bilder durchaus mit meinem Beruf zu tun.“
Einen neuerlichen Kreativitätsschub erlebte der Künstler, als er sein erstes eigenes Atelier bezog. „Durch Zufall sah ich, dass das Trafohäuschen auf dem Edeka-Gelände zu vermieten war.“ Im Januar 2019 zog Brinkmann also vom heimischen Keller in seine zweistöckige Werkstatt, die er „Doc B.“ taufte. Hin und wieder werfen Passanten einen verstohlenen Blick in die Räume, dabei hat Brinkmann gar nichts gegen Besucher. „Ich würde mich freuen, wenn sich Interessierte umsehen.“ Ein bis zweimal im Jahr stellt Helmut Brinkmann aus. Stets eine Bilderserie. „Damit ist das jeweilige Thema dann aber auch für mich abgeschlossen.“ Jetzt bricht sich schon wieder eine neue Idee Bahn. Nach einer Experimentierphase „will ich wieder etwas mit Farbe machen.“ Spachtel und Bitumen sollen also Pinsel und Koloration weichen.
„Ich hatte nie geplant auszustellen“, sagt der Ratinger. „Aber die Malerei macht mir Freude, sie erfüllt mich. Und es ist schön, zu sehen, wenn meine Bilder Anklang finden und geschätzt werden.“ Ideen hat er jedenfalls noch reichlich.