Öffentlicher Personenverkehr Studie liefert Argumente für S 28-Verlängerung
Schiefbahn/Neersen. · Seit 20 Jahren wird über eine Erweiterung der Strecke diskutiert. Noch stellt sich die Stadt Mönchengladbach quer. Kann eine neue Studie für ein Umdenken sorgen?
Ob die Regiobahn von Kaarst mit Stopps in Schiefbahn und Neersen nach Viersen nun endlich mal Fahrt aufnimmt? Seit mehr als 20 Jahren wird über die Verlängerung der S 28 diskutiert, größter Bremser ist die Stadt Mönchengladbach, über deren Gebiet die Trasse auf rund zweieinhalb Kilometern verlaufen würde. Dass die Stadt Mönchengladbach allerdings vor allem vom Haltepunkt in Neersen profitieren würde, verdeutlicht nun eine vom Kreis Viersen in Auftrag gegebene Studie zu den verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Vorteilen der Westverlängerung, die Verkehrsplaner Rolf Alexander von der Firma Planersocietät jetzt im Willicher Planungsausschuss vorstellte.
Viele Gladbacher würden vom Haltepunkt in Neersen profitieren
Denn rund 72 Prozent der Einwohner im Einzusgbereich des Haltepunktes Neersen wohnen in Mönchengladbach, nämlich in den Stadtteilen Bettrath-Hoven, Neuwerk und am Flughafen. Interessant wäre der Haltepunkt auch vor dem Hintergrund, dass Mönchengladbach das Gewerbegebiet am Flughafen vergrößern möchte, die Trabrennbahn wird daher bald der Geschichte angehören. Willichs Bürgermeister Josef Heyes hat daher bereits in Aussicht gestellt: Gerne könne man die Haltestelle Neersen mit dem Zusatz „Flughafen Mönchengladbach“ ergänzen.
Willich wie der gesamte Kreis Viersen haben seit vier Jahren einen regionalen Konsens darüber, dass man sich die Verlängerung wünscht; in Mönchengladbach sträubt man sich – einerseits, weil vor allem Ratsmitglieder aus dem Gladbacher Norden zusätzliche Lärmbelästigung fürchten, andererseits wohl aber auch, weil man in der Nachbarstadt immer noch beleidigt ist, dass Willich sich einst gegen den Ausbau des Flughafens gewehrt hat. Der Willicher SPD-Fraktionsvorsitzende Bernd-Dieter Röhrscheid äußerte die Hoffnung, dass nach der Kommunalwahl im September 2020 einige der langjährigen Gladbacher Ratsmitglieder, die sich gegen die Regiobahn-Verlängerung sträuben, dann nicht mehr dem Rat angehören werden.
Interessante Zahlen liefert die Studie aber auch für die Stadt Willich. Schnell wäre man von Schiefbahn oder Neersen aus im 20-Minuten-Takt am Neusser Hauptbahnhof, Am Kaiser, am Rheinpark-Center sowie in Düsseldorf Hamm an der Völklinger Straße, in Bilk, Friedrichstadt und am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Von Neersen aus wäre man mit der S28 und der U72 in 48 Minuten in der Düsseldorfer Altstadt, heutzutage braucht man mit RE13 und U79 eine Stunde und vier Minuten. Von Schiefbahn aus ginge es mit der S28 neun Minuten schneller – in 42 Minuten wäre man in der Altstadt.
Interessant wäre die Regiobahn aber auch für diejenigen, die bisher mit dem Auto in Richtung Neuss oder Düsseldorf fahren, denn wie die Studie zeigt, liegt die Wahrscheinlichkeit vor allem auf der A 52 sehr hoch, im Stau zu stehen. Die Pünktlichkeit der Regiobahn, die derzeit zwischen Mettmann über Düsseldorf und Neuss bis zum Kaarster See fährt, ist hingegen sehr hoch: Zwischen 95 und 100 Prozent der Züge fahren ohne Verspätung, die Ausfallquote aufgrund nicht vorhersehbarer Störungen liegt laut Studie bei 0,7 bis 1,7 Prozent. Dass schon jetzt viele Bewohner des Kreises Viersen die S28 ab Kaarster See benutzen, zeigt eine Auswertung der Autokennzeichen am dortigen Parkplatz: 70 Prozent der dort abgestellten Fahrzeuge haben VIE- oder KK-Kennzeichen.
Der Schiefbahner Haltepunkt würde jenseits der A 52 an der Stadtgrenze zu Korschenbroich liegen. Das Schiefbahner Gewerbegebiet, in dem rund 11 500 Menschen arbeiten, wäre fußläufig zu erreichen. Mit Fahrrad, Bus oder Auto wären zwei Drittel aller Einwohner der Stadt Willich binnen zehn Minuten am Regiobahn-Haltepunkt. Interessant wäre die Nähe des Haltepunktes zur Anschlusstelle der A 52 für Autofahrer, die so bei Stau immer noch spontan auf die Regiobahn ausweichen könnten, so Verkehrsplaner Volker Alexander.
Die Investitionskosten für die Westverlängerung der Regiobahn (Stand 2015: rund 60 Millionen Euro) für die beteiligten Kommunen hielten sich laut Alexander in Grenzen, da der Bund 60 Prozent und das Land NRW 30 Prozent übernehmen würden. Um die Gladbacher für das Projekt zu gewinnen, hat der Kreis Viersen bereits gesagt, dass sich Mönchengladbach nicht an den Investitionskosten beteiligen müsse.
In Mönchengladbach bleibt aber die Sorge: Sollte sich die Zugverbindung als nicht wirtschaftlich erweisen, würde das Defizit über den Verkehrsverbund VRR auf die Kommunen umgelegt – und dann auch Mönchengladbach anteilig zur Kasse gebeten. msc