Wohnungsbau Milliarden für Förderung von Sozialwohnungen

Düsseldorf · Mit staatlicher Hilfe wird der Bau kostengünstiger Wohnungen in NRW angekurbelt. Doch der Neubau von Sozialmietwohnungen stagniert. Es werden mehr gebraucht.

Für Menschen in Nordrhein-Westfalen könnte es einer aktuellen Analyse zufolge in den kommenden Jahren deutlich schwieriger werden, eine Sozialwohnung zu finden. (Symbolbild)

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Nordrhein-Westfalen kämpft mit einer Rekordsumme an Fördermitteln gegen den Schwund von Sozialwohnungen. Mit insgesamt rund 2,3 Milliarden Euro habe die öffentliche Wohnraumförderung im bevölkerungsreichsten Bundesland im vergangenen Jahr eine bisherige Bestmarke erzielt, teilte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) in Düsseldorf mit. Insgesamt fast 12.850 Wohneinheiten seien damit gefördert worden. Das sei ein Plus von 8,5 Prozent gegenüber 2023.

Mieterbund: Land muss „klotzen“

Der Neubau preisgebundener Mietsozialwohnungen 2024 stagnierte allerdings unverändert zum Vorjahr bei 6.726 Wohneinheiten. Dafür wurde der Großteil der Fördermittel in Höhe von 1,6 Milliarden Euro bewilligt. Der Deutsche Mieterbund forderte angesichts des seit Jahren schrumpfende Bestands an Sozialwohnungen, die Landesregierung müsse „endlich klotzen“. Jährlich müssten mindestens 25.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden, um den Verlust durch auslaufende Sozialbindungen auszugleichen, sagte der Vorsitzende Hans-Jochem Witzke.

Nordrhein-Westfalens Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) will den Rückgang an Sozialwohnungen mit verschiedenen Maßnahmen bekämpfen.

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In Deutschland gab es 2023 bundesweit gut eine Million Sozialwohnungen. Davon hat NRW nach aktuellen Angaben mit rund 427.000 preisgebundenen Mietwohnungen einen Anteil von etwa 40 Prozent. Noch vor 20 Jahren war die Zahl der preisgebundenen Mietwohnungen in NRW laut Mieterbund doppelt so hoch wie heute.

Immer weniger Sozialwohnungen

Laut einer aktuellen Studie des Pestel-Instituts könnte es in den kommenden Jahren deutlich schwieriger werden, eine Sozialwohnung in NRW zu finden. Zwar verfüge NRW über deutlich mehr solche Wohnungen als andere Bundesländer. 160.000 davon fallen laut Studie jedoch bis 2030 aus der Mietpreisbindung.

Die Landesregierung versucht, diesem Trend auch durch den Ankauf von Belegungsrechten und Bindungsverlängerungen bei Sozialwohnungen entgegenzusteuern. Insgesamt konnten 2024 damit mehr als 1.620 Wohnungen wieder langfristig zu günstigen Mieten zur Verfügung gestellt werden. Allein in Köln waren es 480 Wohnungen. Zum Vergleich: 2023 wurden in NRW 930 Wohnungen mit diesen Maßnahmen in die Mietpreisbindung gebracht oder darin gehalten.

Der Mieterbund kritisierte, die Verlängerung oder der Ankauf von Belegungsrechten schaffe keinen zusätzlichen Wohnraum. Scharrenbach sagte: „Unser Bestreben ist es, dafür Sorge zu tragen, dass die Bestände mindestens stabilisiert werden.“

„Ein bisschen Kaffeesatzleserei“

Scharrenbach sprach angesichts mehrerer Studien mit unterschiedlichen Prognosen zum Bedarf an sozialem Wohnraum von „ein bisschen Kaffeesatzleserei“. „Mir kommt es darauf an, dass wir mietpreisgebundene Wohnungen kriegen. Es ist fast egal, wie ich sie bekomme.“ Auch in den besonders nachgefragten Städten Köln, Bonn, Düsseldorf, Aachen und Münster wolle das Land Belegungsrechte ankaufen.

Zugleich verwies die CDU-Politikerin darauf, dass es weitaus mehr Sozialwohnungen als Haushalte mit Wohnberechtigungsschein gebe. Aus Prüfungen der NRW-Bank gehe hervor, dass rund die Hälfte der Bestände „fehlbelegt“ seien. Dort wohnten also Menschen, die inzwischen mehr Geld verdienten, aber weiterhin die niedrigeren Mieten zahlten. Sie zögere aber, diesen Mietern die Wohnungen zu entziehen, weil sie am angespannten Wohnungsmarkt derzeit kein vergleichbares Angebot fänden.

Flucht in öffentlichen Wohnungsbau

Insgesamt sind die Baugenehmigungen für neue Wohnungen in NRW von Januar bis November 2024 um gut sieben Prozent auf knapp 37.000 zurückgegangen. Der bundesweite Rückgang lag bei 19 Prozent. Der Anteil der Wohnraumförderung an den gesamten genehmigten Wohnungsneubauten in NRW sei von 13 Prozent auf zuletzt 19 Prozent gestiegen, sagte Scharrenbach. Angesichts gestiegener Zinsen gebe es derzeit einen „Run“ auf die Wohnraumförderung, bei der die ersten fünf Jahre zinsfrei sind.

In Bochum, Oberhausen und Krefeld liege der Anteil des öffentlich geförderten Wohnungsbaus sogar über 40 Prozent, in Düsseldorf bei 37 Prozent und in Köln bei 31 Prozent. Auch in diesem Jahr stehe wieder eine Fördersumme von rund 2,3 Milliarden Euro bereit. „Es gibt keinen Burnout in der öffentlichen Wohnraumförderung“, sagte Scharrenbach.

Für die SPD ist die „Jubel-Arie“ Scharrenbachs nicht nachvollziehbar. Das höhere Förderergebnis liege nur an der Krise der Bau- und Wohnungswirtschaft, die sich unter das Dach der Wohnraumförderung geflüchtet habe, sagte Sebastian Watermeier, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. „Der Sinkflug bei den Sozialwohnungen hält an, weil die richtigen Instrumente von der schwarz-grünen Landesregierung bis heute nicht angefasst werden.“

Junge Familien kaufen alte Häuser

Auch Menschen mit mittleren Einkommen stehen auf dem Wohnungsmarkt nach Worten Scharrenbachs Herausforderungen gegenüber. Als Beispiel nannte sie eine vierköpfige Familie mit einem Jahreseinkommen von 80.000 Euro brutto. Aus dem Fördertopf wurden daher mit fast 294 Millionen Euro mehr als 1.600 Eigentumsmaßnahmen für Familien öffentlich gefördert - ein Plus von rund vier Prozent gegenüber 2023. Der Großteil entfiel dabei auf die Förderung junger Familien, die alte Häuser gekauft hatten. Außerdem wurden 2024 rund 351 Millionen Euro für die Modernisierung von 2.883 geförderten Wohnungen bewilligt. Gegenüber 2023 waren dies 242 Wohnungen mehr.

Wohnraum für Studenten

Auch Auszubildende und Studierende sollen von günstigem Wohnraum profitieren. Rund 65 Millionen Euro wurden für die Modernisierung von 675 Wohnplätzen bewilligt. Mit weiteren 54 Millionen Euro wurde der Neubau von insgesamt 477 Wohnplätzen unterstützt. Je nach Mietniveau zahlen Auszubildende und Studierende in öffentlich geförderten Wohnheimen zwischen 210 Euro und 230 Euro.

Kritik an Bürokratie

Claudia Hillenherms, Vorstandsmitglied der landeseigenen NRW.Bank, reagierte auf Kritik der kommunalen Spitzenverbände an langen Bearbeitungszeiten. Das liege daran, dass sehr viele Neukunden im Bereich der öffentlichen Wohnraumförderung unterwegs seien. Bei ihnen bestehe ein größerer Beratungsbedarf, bis man zu einer Bewilligung komme. Die NRW-Bank habe inzwischen Personal verstärkt und teilweise Fristen verlängert. Zuvor hatte die „Rheinische Post“ von einem Brief der Kommunalen Spitzenverbände mit Kritik an Hemmnissen bei Anträgen für die Wohnraumförderung berichtet.

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(dpa)